Auch wenn der Erstling „A Symphony Of Suffering“ durchweg schlechte Kritiken bekam, meldet sich der Fünfer mit dem Zungenbrecher-Namen INFERNAEON aus den Sümpfen Floridas zurück. Berücksichtigt man die Tatsache, dass nahezu die gesamte Belegschaft um Ex-MONSTROSITY-Shouter Brian Werner ausgewechselt wurde, wird verständlich, wie die Qualitätsunterschiede wohl zu erklären sind.
„Genesis To Nemesis“ ist nämlich ein gelungener Nackenbrecher geworden, der seine Originalität durch eine Mischung aus europäischem symphonischen Black Metal und Florida Death erhält. Zunächst lässt schon das keyboardgetragene Klassik-Intro „Into The N.O.X.“ aufhorchen, mischen sich gegen Ende des Songs doch derb dissonante Klaviertöne unter die Melodie und geben die Marschrichtung Black Metal vor. Hier zieht sich INFERNAEON aber leider auf recht bekanntes Gebiet zurück, CRADLE OF FILTH lassen phasenweise mehr als nur grüßen. Eigen wird es dadurch, dass irgendjemand Dani Filth Koks und LSD geklaut haben muss und der arme Kerl jetzt clean dasteht. Zumindest hört sich Brian Werners Gesang in etwa wie eine entschärfte Variante des erwähnten Herren an, wobei Brian Werner aber einen hervorragenden Death Metal-Shouter abgibt. Auch musikalisch bedient man sich einiger Gitarrenriffs der früheren Schaffensphase CRADLE OF FILTHs, die aber in ein ungleich härteres Soundgewand gemeißelt wurden. Ganz offensichtlich sind hier keine Anfänger am Werk, sondern in allen Belangen fitte Musiker. Was das Songwriting angeht, dürfen leider keine Hits erwartet werden, komplex und bis ins letzte Detail ausgetüftelt sind die Strukturen, die fast durchgehend zu überlangen Songs geführt haben.
Bevor „Nemesis To Genesis“ langweilig werden könnte, wartet die Band mit einer recht originellen Bearbeitung des METALLICA-Klassikers „Creeping Death“ auf, in dem die Keyboards häufig die Gitarren-Leads übernehmen, dem trven Metaller stehen da natürlich die ausgedünnten Haare zu Berge, aber eigentlich funktioniert der Song verblüffend gut. Im letzten Drittel des Longplayers wird dann plötzlich die Death Metal-Keule ausgepackt, „The Scar Of David“ ist nach eher klassischen Death Metal-Beginn urplötzlich im Grindcore-Geschwindigkeitsbereich angesiedelt, bevor wieder auf bewährte Ideen zurückgegriffen wird. Einzig der Rausschmeißer „Revelations“ ist recht durchschnittlich geraten und somit eindeutig verzichtbar. Nicht unerwähnt bleiben sollte der sehr gute und absolut transparente Sound, der den vielen Feinheiten und Schlenkern der Instrumente Rechnung trägt. Lediglich das Keyboard hätte für meinen persönlichen Geschmack teilweise weiter im Hintergrund agieren dürfen. Anyway...
FAZIT: Wenn man bereit ist, sich auf Keyboards in extremer Musik einzulassen und das Gesamtwerk CRADLE OF FILTHs für zumindest akzeptabel hält, dann sollte man INFERNAEON zumindest eine Chance geben. Auch wenn „Genesis To Nemesis“ sicher kein klassisches Hit-Album ist, sind hier ein Haufen beeindruckend komplexer und abwechslungsreicher Songs aus der Schnittmenge von Symphonic Black Metal und Florida Death enthalten, die zumindest eine nähere Beschäftigung mit der Truppe rechtfertigen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.01.2011
Kevin Gibbons
Brian Werner
Taylor Nordberg, Steven Harger
David Stein
Jeramie King
Prosthetic Records
56:15
21.01.2011