Manchmal wundert man sich doch über sich selbst. Da kommt eine Band mit einem Album daher, das im Grunde genommen alles mitbringt, was man gern hat: eine ordentliche Prise Melancholie in den guten Melodien, darüber hinaus tight gespielter, eingängiger und unfrickeliger Death Metal und eine Produktion, die all das wirklich gekonnt in Szene setzt. Und doch kann "One For Sorrow", das fünfte Album der Finnen INSOMNIUM, weder für erhöhte Adrenalin-, noch für gesteigerte Melatonin-Ausschüttungen sorgen.
Doch, die Melodien sind oft melancholisch, doch so richtig herzergreifend sind sie nicht. Und ja, INSOMNIUM können auch das Gaspedal betätigen, aber so richtig aggressiv klingen sie auch dann nicht. Die Mischung ist auf "One For Sorrow" irgendwie zu gut ausgewogen und geht nicht weit genug in die Extreme. Wo SENTENCED mit einem gewissen Maß an todessehnsüchtigem Pathos zu Werke gingen und wo CULT OF LUNA allein durch die Schwere ihrer Kompositionen bedrücken, hat man bei INSOMNIUM stets den Eindruck, als wolle man bloß nicht zu depressiv wirken, weshalb kalte Gänsehautschauer des Mitleidens ausbleiben. Auf der anderen Seite stehen die Elemente, die im klassischen Death Metal beheimatet sind und bei denen das Label einen scheinbar unpassenden Vergleich mit AMON AMARTH bemüht. Doch wenn man bedenkt, dass die Wikingerkollegen inzwischen auch nicht mehr für Aggression, sondern für Epik und Hymnik stehen, so ist dieser Vergleich doch nicht mehr so abwegig.
Um nicht falsch verstanden zu werden: "One For Sorrow" ist bei weitem kein schlechtes Album. In dem was sie machen, sind INSOMNIUM richtig gut geworden. Gut eingespielt, mit einem Gespür für gutes Songwriting und einer Ausgewogenheit, die bei den meisten Leuten, die melodischen Death Metal mit melancholischer Färbung mögen, zurecht gut ankommen wird. Man kann der Band eigentlich keine Vorwürfe machen, weshalb der negative Unterton in dieser Kritik eine rein subjektive Angelegenheit ist. Der Wunsch, bei "One For Sorrow" einfach mehr Schmerz, mehr Verzweiflung und mehr tief gehende Emotion zu erleben, bleibt unerfüllt und sorgt dafür, dass ein leichtes Gefühl der Enttäuschung zurück bleibt.
FAZIT: Objektive zehn Punkte sind hier für das Gesamtpaket, das INSOMNIUM abliefern, durchaus angebracht und dass es "nur" zehn Punkte sind, sollte die Zielgruppe nicht davon abhalten, sich von den Finnen durch den Herbst begleiten zu lassen. Aber es gibt eben auch wirkungsvollere Depressiva...
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.11.2011
Niilo Sevänen
Niilo Sevänen
Ville Friman, Ville Vänni
Markus Hirvonen
Century Media / EMI
53:11
14.10.2011