Ähnlich wie bei ZOFF, die im Zuge der NDW zweifelhaften Kultstatus erlangt hatten, verwurschtelt deren Bandkopf Reiner Hänsch unter dem Pseudonym JAN VORWÄRTS locker-flockig Dancefloor, Reggae, Pop, Rock und Comedy miteinander – immer wieder unterbrochen von Hörspielsequenzen, wie man sie in ähnlicher Form von Heinz Strunks Hörspielen „Mutter ist ein Sexmaschien“ oder „Mit Hass gekocht“ kennt. Kleiner, aber feiner Unterschied zu Heinzers kranken Kreationen: „Bei Dükermann“ ist gänzlich unlustig - es vergeht einem vor lauter Fremdscham das Lachen.
Ex-Sauerländer und Wahlfriese Hänsch gibt wieder einmal das Pseudonordlicht und präsentiert dreizehn Songs in Form eines gewollt augenzwinkernd gefakten Kneipengigs. Soll wohl tatsächlich humorvoll sein, doch wenngleich das Humorspektrum des Verfassers dieser Zeilen von Privatfernsehen-Comedy bis hin zu hochanspruchsvollem Kabarett, welches spätabends irgendwo in den Dritten ausgestrahlt wird, reicht, bleibt kaum mehr als ein müde-genervtes Augenrollen und verzweifeltes Kinnreiben.
Plakativ, mit dem „Esprit“ eines Mike Krüger oder Ingolf Lück und dem „Witz“ des Spielfilms „Die Supernasen“ versucht der Musiker, der unter anderem einer der produktivsten Werbejingle-Komponisten („Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause... LBS!“, „Haribo macht Kinder froh“ oder das „Dudududiduuuu“-Audiologo der Deutschen Telekom gehen auf sein Konto) ist, lustige Texte zu schreiben – und das geht gründlich in die Hose, ebenso das Verfassen nachdenklicher Lyrics, die in etwa so viel Substanz haben wie das allmorgendliche Klagen über das Scheißwetter oder die schon wieder gestiegenen Benzinpreise am Bäckereitresen. Es ist wirklich zum Heulen flach. Kostproben? Bitte schön:
„Guck ma hier, der Fiete möchte auch mal dicke Hose
Da kauft er für's Millionenspiel paar dicke, fette Lose
Jetzt macht er so'n Gesicht, denn gewonnen hat er nicht
In meinem Lied kricht Fiete natürlich eine Niete
Oder hier die Hanne sucht noch immer nach dem Manne
Manni is'n feiner Kerl, der macht die Hanne glücklich
Hat leider nur eine Stunde Zeit, Jetzt is' er wieder flüchtig.“
(aus „Wat'n Schiet“)
...oder...
„Ich sach Watt, ich sach Deich, ich sach Mövenschiet is weich.
Ich will klön', ich will schnacken, krich ma wieder nix gebacken.“
(aus „Friesland“)
...oder...
„Überall so viele Klippen. Alle kannst du nicht umschippen
Manchmal sitzt du fest und der Sturm gibt dir den Rest
Alle, die im Hafen blieben und ne sich're Kugel schieben
Haben nie erlebt, wie das Abenteuer geht.“
(aus „Schwere See“)
...oder...
„Ich war im Osten, im Westen, hab alles geseh'n
Wo ist es am besten, wohin soll ich geh'n?
Ich hab gesucht und gefunden, und komm wieder her,
Hier riecht's nach Zuhause, nach Erde und Meer,
Hier bin ich gebor'n, hier gehör ich hin
Passt alles zusammen, macht alles einen Sinn“
(aus „Im Norden“)
Reicht? Gut.
Ganz nach dem Motto „Reim dich oder ich fress dich!“ wird auf dem Album uninspiriert Plattitüde an Plattitüde gereiht, und es dauert nicht lange, bis man sich kapitulationsbereit denkt: Mensch, Schuster, bleib doch einfach bei deinen Leisten. Bands wie TORFROCK haben wenigstens eine gewisse verschrobene Coolness, aber gegen dieses steril produzierte, entsetzlich platte, eine quälende Stunde währende Pamphlet waren selbst KLAUS & KLAUS und GOTTLIEB WENDEHALS zum Schreien komisch, und „Werner – Beinhart!“ wirkt im Vergleich zu „Bei Dükermann“ fast schon wie Bildungsmaterial.
FAZIT: Was bei der Werbung funktioniert, klappt auch mit vorliegender CD wunderbar – abschalten oder einfach den Schnauze-Knopf an der Fernbedienung drücken, bis das Elend vorbei ist. Um es zusammengefasst mit einem der Songtitel der Scheibe zu zitieren: Wat'n Schiet.
Punkte: 3/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.06.2011
Sireena Records
60:04
10.06.2011