Dass JIM WARD zu den Gründungsvätern der “Post-Hardcore-Heroen” AT THE DRIVE-IN gehörte, lässt sich aus dem Album mit dem Bandwurm-Titel „Quiet in the Valley, On the Shores the End Begins” kaum noch schließen. Näher liegt da schon WARDs Nachfolgeprojekt SPARTA, bei dem er vom Gitarristen und gelegentlichen Vokalisten zum Leadsänger avancierte. Doch die gelegentlichen Ausbrüche in die bewegte Vergangenheit, die SPARTA neben ruhigen Klängen gerne und laut zelebrierte, finden bei seinem Solo-Album nicht statt.
Eigentlich ist es auch keine eigenständige Veröffentlichung, sondern eine Kollektion der drei semi-akustischen EPs „Quiet“, “In the Valley, On the Shores”, “The End Begins” plus deren auszugsweise Elektrifizierung namens „The Electric Six“.
Folk, Jazz („Lake Travis“ kommt ziemlich unerwartet und mit dem richtigen Gespür für‘s mitternächtliche Dahintreiben lassen), Country, gelöster Rock; JIM WARD weiß, was er macht und er macht es gut. Zwei, drei Songs klingen ein wenig zu ähnlich, aber über mangelnde Abwechslung und ein gekonntes Wechselspiel, zwischen zurückhaltender Selbstversunkenheit und offensiverem Sturm und Drang – der gemäßigten Sorte –, kann man sich nicht beklagen. Während „My Town“ eine verschollene NEIL-YOUNG-Ballade sein könnte, schwebt über anderen Songs der Geist LEONARD COHENs, selbst COLDPLAY, ohne Hang zur Weinerlichkeit, sind mitunter nicht weit entfernt.
Im Zusammenspiel mit Tegan Quinn (TEGAN AND SARAH) ist „Broken Songs“ eine Herz-Schmerz-Ballade erster Güte und „The Beginning Of The End“ ist die Hymne, die den perfekten Höhepunkt für drei kongenial zueinander passenden EPs bildet.
„The Electric Six “ stellt schließlich den Rocker mit Hang zu alternativen Weisen zufrieden. Es gibt den elektrischen Kick zusätzlich, der aus guten, ruhigen Songs, gute heftigere macht. Nicht komplett anders, aber eine reizvolle und kraftstrotzende Alternative.
FAZIT: Überraschung: AT THE DRIVE IN und SPARTA im Lebenslauf und trotzdem was ganz eigenes produziert. Ein Songwriter mit dem Gespür sich zwischen Americana und hymnischem Brit-Pop auszumehren, ohne je peinlich, anachronistisch oder gar Kopist zu wirken. Vier EPs ergeben ein Album und eine Bonus-EP, die aus einem Guss sind und trotzdem vielseitig. Nur an wenigen Stellen gefällt sich JIM WARD zu sehr darin, er selbst zu sein. Egal. 70 Minuten, die man wiederholt hören kann, ohne sich zu langweilen. Stattdessen: Entdeckungen. So soll’s sein.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.10.2011
Jim Ward, Ray Wallace (1), Maura Davis (2), Tegan Quinn (7), Nicole Smith (12, 20)
Jim Ward
Nicole Smith (12)
Joel Quintana (14)
Jim Ward, Gabriel González, Gregg Sosa, Charles Berry (15-20), Chris Heinrich (4), Ray Wallace (1), Chad Morris (11,13)
Xtra Mile Recordings
CD1: 48:51/CD2: 21:17
21.10.2011