Der Schweizer Hartblueser mit dem knorrigen Zerrsound meldet sich mit einem Livealbum zurück und stellt einmal mehr seinen ureigenen (Slide-)Ton zur Disposition - mit guten Eigen- und nicht minder fluffigen Fremdfedern geschmückt.
Nicht täuschen lassen: Bei JOE COLOMBO geht es anders, als die Federmetapher vorgibt, deftig zur Sache; die Band stellt sich definitiv nicht mit dem Blaumann in den Fahrstuhl, sondern lässt den Schweiß von der Decke tropfen, was für enthusiastische Publikumsreaktionen sorgt. Der "Upside Down Blues" geht mit feurigem Instrumentalteil bereits ab wie Zäpfchen, und ZZ TOPs "Just Got Paid" reiht sich perfekt ein, wenn auch etwas gediegener. Spätestens mit "By My Side" erinnert man sich daran, dass es wohl sauberere und bunter aufspielende Blueser als COLOMBO gibt; allein sein Ton nebst Motivwahl ist unverkennbar. Mit seinem ruppigen Stil steht er etwa den Solowerken von LED ZEPs John Paul Jones, immerhin einem Bassisten, näher als Jungspunden wie Joe Bonamassa, wiewohl er kaum weniger variantenreich aufspielt - nur eben unter anderen Vorzeichen. Priorität wird dem Riff zugemessen, wobei sich weite Teile ausschließlich instrumental abspielen; erhebt Campanella das Wort, dann mit der Stimme eines weniger überkandidelten Brian Johnson.
Seine Sidemen sind ebenfalls ausgekochte Cracks und geben Zucker, nicht zuletzt Bassist Costa während seines gefühlvollen Solospots. Er funkt Alt-Jimis weniger offensichtliches "Third Stone From the Sun" zudem an, ehe sein Chef mit "It Hurts Me Too" von Elmore James beziehungsweise Tampa Red beweist, dass er als Gitarrist auch außerordentliches Feeling in den Fingerkuppen mit sich trägt. Die Harke regiert auf "Borderlive!" dennoch am häufigsten - nachzuhören im überbordend virtuosen Abschluss "Cold Night".
FAZIT: Hui und Pfui liegen im Bluesrock dicht beisammen. JOE COLOMBO schafft es mit seiner Band DELTACHROME einmal mehr, für relative Originalität zu sorgen, indem er Maulschellen mit blauem Handschuh verteilt, statt sich abgehalftertem Rentner-Boogie zu verschreiben. Wer seinen Blues nicht auf Kreuzfahrten mit VIP-Pass für Eric Claptons Backstagesause bei Schampus und Kaviar bestellt, freut sich an dieser brummenden Livescheibe 'nen Ast.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.04.2011
Gian-Andrea Costa
Franco Campanella
Joe Colombo
Rocco Lombardi
Just For Kicks
52:13
01.04.2011