MIG Music gibt ein weiteres Mal Nachhilfe in deutscher Rockgeschichte. In guter Erinnerung befindet sich noch die hochwertige Neuveröffentlichung des EPITAPH-Klassikers „Outside The Law“. Der Fokus der Aufmerksamkeit richtet sich in diesem Monat auf KARTHAGO, die mit „Rock'N Roll Testament“ 1974 ihren musikalischen Durchbruch schafften. Der Erfolg des dritten Albums der Bandgeschichte kann beinahe schon als vorprogrammiert bezeichnet werden, denn der Einstieg des ehemaligen JETHRO TULL-Bassisten Glenn Cornick, der zunehmende Erfolg der Band auf deutschen Live-Bühnen und die Aufnahmen in den englischen Chipping Norton Studios unter der Fittiche von Toningenieur Barry Hammond zeigten an, dass die Band dabei war, mit großen Schritten die Ruhmesstraße entlang zu schreiten.
Im schicken Digipack und mit remastertem Sound feiert „Rock'N Roll Testament“ ganze 37 Jahre nach seiner Premiere ein Comeback. Klanglich überzeugen die zehn Tracks auf ganzer Linie: Die Gitarrenleads springen regelrecht aus den Boxen und die zwischen schmissigem Rock’n’Roll-Piano und perlenden Klavierkaskaden angesiedelte Tastenarbeit begeistert sowohl an moderne Klänge gewöhnte Ohren, als auch Altrocker, die mit geblähten Backen den Staub von ihrer Plattensammlung pusten möchten. Die technisch anspruchsvolle Gitarrenarbeit beackert das Feld erdigen Rocks, zaubert feine Netze melodischer Solokunst ohne Starallüren und versprüht Coolness mit dem erregten Timbre des Funks. Es ist eine Tatsache, dass sich KARTHAGO mit ihrem „Rock'N Roll Testament“ die Eintrittskarte zum internationalen Rockparkett mehr als verdient haben: Der kreative, melodiereiche und spieltechnisch über jeden Zweifel erhabene Rock, den KARTHAGO seinerzeit gespielt haben, hat jeden Kleinstadtmief abgeschüttelt und überzeugt mit Spielfreude, jeder Menge Verve und dem guten alten Geist der Siebzigerjahre, der durch versehentlich aufgesetzte Nostalgiebrillen natürlich extra Glanz verliehen bekommt.
FAZIT: Wieder einmal sind alte Hasen und internationaler Rocknachwuchs aufgerufen, an der musikalischen Geschichtsstunde aus dem Hause MIG teilzunehmen und sich beinahe vier Dekaden nach der Urveröffentlichung am tollen Cover, der seelenvollen Musik und dem mit reichlich Informationen ausgestatteten Booklet zu ergötzen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.03.2011
Glenn Cornick
Joey Albrecht, „ Pedro“ Tommy Goldschmidt
Joey Albrecht
Joey Albrecht, Ingo Bischof
Konni Bommarius
Joey Albrecht (Piano, Clavinet), Ingo Bischof (Orgel, Piano, Clavinet), „ Pedro“ Tommy Goldschmidt (Congas, Bongos, Timbales)
MIG Music
40:44
25.03.2011