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Katharina Nuttall: Turn Me On

Stil: Dark Melodic Rock

Cover: Katharina Nuttall: Turn Me On

Manchmal könnte man sich als Musikfan in den Allerwertesten beißen. Sich fragen, warum man von der Band oder dem Künstler, den man da gerade hört, noch nie etwas wahrgenommen hat. Völlig geflasht ist. Gleich den Rest des musikalischen Outputs des betreffenden Interpreten haben will. So geht es dem sich die Gänsehaut wegrubbelnden Schreibknecht, welcher da gerade zu Euch spricht. Kawusch.

Musikalisch ist das abwechslungsreiche, bis auf den flotteren Opener und Titeltrack meist in mittlerem bis gedrosseltem Tempo stattfindende Treiben irgendwo zwischen Singer/Songwriter, dunklem melodischem, stimmorientiertem Rock zu verorten. Auch lässt sich ein klein wenig ebenso dunkler Pop in ihren Kompositionen finden, wobei eine Latenz gen Wave deutlich vernehmbar ist – möglicherweise ein Einfluss, den KATHARINA NUTTALL von einer ihrer früheren Bands, SIDEWALKER, mitgenommen hat, wenn mich die Höreindrücke aus dem Netz nicht gerade völlig auf den Holzweg geführt haben. Tolle Arrangements und zahlreiche große Melodien, die unter die Haut gehen, bilden eine Hälfte des Herzstücks des dritten Albums der 1972 in Norwegen geborenen und heute in Schweden residierenden Musikerin.

Die zweite Hälfte des Herzstücks ist die unglaublich vereinnahmende, raumfüllende, volle, in angenehm tieffrequenten Regionen schwingende Stimme der Meisterin selbst. Wenngleich man vorsichtig Parallelen zu JARBOE, TANITA TIKARAM, BETH GIBBONS, ERIKA ROSÉN und PJ HARVEY ziehen könnte, würde man der Skandinavierin unrecht tun, denn vergleichbar ist ihr Organ mit keiner der wahrlich guten Sängerinnen. Nur eines ist Fakt: Es geht tief unter die Haut. Lässt einem heißkalte Schauer durch den Körper laufen.

„Turn Me On“ ist eine dieser Platten, bei denen alles stimmt. Die Songs sind untereinander enorm abwechslungsreich, gleichzeitig bleibt der rote Faden – unter anderem dank einer homogenen, kristallklaren Produktion – reißfest, als sei er ein dezimeterdickes Tau. Auch innerhalb der Songs hat sich Frau Nuttall bis zum Exzess kreativ ausgetobt. Die Instrumentierung bleibt nie gleich, die zehn Eigenkompositionen stecken voller kleiner Details, ohne die Songs auch nur einmal zu überfrachten, und die Melodien und Akkordfolgen nehmen dank eigenwilliger Wendungen oftmals einen unvorhersehbaren Lauf.

Coverversionen scheinen es KATHARINA NUTTALL angetan zu haben. Auf dem Solo-Debütalbum „This Is How I Feel“ hat sie NEW ORDERs „Blue Monday“ auf ihre ganz eigene Weise interpretiert, auf dem Nachfolger „Cherry Flavour Substitute“ durfte der THE STOOGES-Song „I Wanna Be Your Dog“ dran glauben, und auf vorliegendem drittem Album gibt es eine wahrlich grandiose Version des DEPECHE MODE-Hits „Stripped“ zu bestaunen, die in Sachen Intensität dem Original sehr, sehr nahe kommt.

FAZIT: Es scheint, als sei 2011 das Jahr der hohen Punktzahlen bei uns. Selten war ein Jahr stärker als dieses, und beängstigend ist hierbei vor allem, dass das Jahr noch jung ist. Und auch nach langem Hin-und-her-Überlegen bei all diesen so gut bewerteten Scheiben, ob die vergebenen Punkte nun auch wirklich angemessen seien, war die Antwort stets gleich. Und das ist sie auch hier. Sie lautet: Ja.

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.04.2011

Tracklist

  1. Turn Me On
  2. Play
  3. Falling Down
  4. Paperplane
  5. Bricks
  6. Stripped (DEPECHE MODE Cover)
  7. We Will Never Meet Again
  8. Take Me Through To Your Side
  9. Silver Screen
  10. Not My Lover
  11. The Runner

Besetzung

  • Gesang

    Katharina Nuttall

  • Sonstiges

    diverse

Sonstiges

  • Label

    Novoton

  • Spieldauer

    41:34

  • Erscheinungsdatum

    23.04.2011

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