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Labirinto Di Specchi: Hanblecheya

Stil: Post Progressive Rock

Cover: Labirinto Di Specchi: Hanblecheya

Die italienische Band PHOLAS DACTYLUS nahm 1973 ein einziges Album namens „Concerto Delle Menti“ auf, bevor sie wieder in der Versenkung verschwand. Das zweiteilige „Concerto“ erlangte allerdings bald Kultstatus und erlebte – selten genug bei derart originären Werken – 1994 seine Digitalisierung und ist bis heute auf CD erhältlich. Eine eigenwillige Mischung aus komplexem, symphonischem Prog italienischer Prägung, Jazz, kleinen avantgardistischen Experimenten, langen Instrumentalteilen und einem Vocalisten, der wesentlich mehr erzählte, als dass er sang. Was hat das mit LABIRINTO DI SPECCHI zu tun? Einiges.

Denn fast 38 Jahre später taucht im „Spiegellabyrinth“ aus Siena Paolo Carelli wieder auf, jener Erzähler, der das „Konzert des Geistes“ so dramatisch begleitete. Wie überhaupt das formale Konzept von „Hanblecheya“, dem der „Großen Bohrmuschel" (Pholas Dactylus) ähnelt.

Gesang findet überhaupt nicht statt, die Instrumentalteile sind noch ausgeprägter, die Neigung zum ausgefeilten Prog ist geblieben, die zum Jazz ein wenig in den Hintergrund getreten. Dafür schwelgt LABIRINTO DI SPECCHI mitunter geradezu im Post Rock, zumindest in den filigraneren Bereichen. Gitarrernfigur ergänzt Gitarrenfigur, beinah romantisch angehauchtes Klavierspiel gesellt sich hinzu, und fertig ist das so entspannte wie spannende „Fantasia“. Des Weiteren lassen sich folkige Passagen mit Anklängen an die Neoklassik finden: „La Maschera Delle Visione“, mit feinem Einsatz der Akustik-Gitarre, besonders zu Beginn, bis es sich gegen Ende in eine Art ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA auf vorsichtigen Schritten Richtung Jazzrock hochpusht.

Aber auch Space Rock gemixt mit RIO wird gegeben, da blubbert und zischt es, und die hervorragende Rhythmussektion sorgt für düstere Dramatik („Nel Nulla Etereo Soggiogato Dall'ignoto La Mente Si Espande“). Nicht zum ersten Mal: Am überzeugendsten gleich im Opener, der zeigt wie abwechslungsreich und mitreißend Percussion sein kann, ohne sich zu verselbstständigen.

Noch was vergessen? New Art Rock mit einer Prise Metal wenn’s recht ist; kurz „Purpurea“ oder lang im 19minütigen, exzellenten Foll(i)a“.
„Hanblecheya“ ist eine Fundgrube diverser Spielarten moderner Musik und schafft den Spagat diverse Stile einzubinden ohne zerrissen zu wirken. Stattdessen ein fast rundum überzeugendes Debüt (nach der ersten Inkarnation 2007 im Demo „La Maschera Della Vision“), das nie wie ein solches wirkt und den Lizard-Records-Katalog um ein geradezu einsteigerfreundliches Objekt der Begierde erweitert. Denn bei allem Hang zum ausufernden Experiment präsentieren LABIRINTO DI SPECCHI packende Melodien und mitreißende Momente en masse.

FAZIT: LABIRINTO DI SPECCHI führen das musikalische Konzept der progressiven Klang- und Musiktheaterforscher PHOLAS DACTYLUS verlustfrei, mit einigen Erweiterungen und Neuerungen, in die Gegenwart. Eine eigenständige und komplexe Jagd – ohne Hektik - durch diverse Stile und Zeiten, ohne zu zerfransen oder im Beliebigen zu landen. Ein fulminantes Debüt, das jede Aufmerksamkeit verdient hat.

„Hanblecheya“ ist ein Ausdruck der Lakota; eine Art Synonym für die Suche nach Visionen („Vision Quest“), bzw. deren allgemeine Form, welche die Klärung und Kennzeichnung von Übergängen im Leben zum Inhalt hat.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.12.2011

Tracklist

  1. Eclissi pt. 1 - L'occio e la maschera
  2. La maschera della visione
  3. Fantasia
  4. Nel nulla etereo soggiogato dall'ignoto la mente si espande
  5. Purpurea
  6. Foll(i)a
  7. Eclissi pt. 2 - La genesi

Besetzung

  • Bass

    Filippo Menconi, Matteo Canestri

  • Gesang

    Paolo Carelli

  • Gitarre

    Gabriele Marroni

  • Keys

    Andrea Valerio, Diego Armando Samo, Giovanni Ferretti

  • Schlagzeug

    Raffaele Crezzini, Lucio Pacchieri

  • Sonstiges

    Michele Sanchini

Sonstiges

  • Label

    Lizard Records

  • Spieldauer

    69:10

  • Erscheinungsdatum

    21.02.2011

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