Eine Band, bei der ich weißgott oft genug angeklopft habe, die mir aber nie die Türe mehr als nur einen Spalt weit aufgemacht hat, sind ATHEIST. Über die unfassbaren musikalischen Fähigkeiten brauchen wir an dieser Stelle gar nicht zu diskutieren – vermutlich war ich einfach zu blöd, um ATHEIST zu verstehen. Ebenso wie CYNIC. Dumm nur, dass im Infozettel zu „Level 2“, dem dritten Album von LAST CHANCE TO REASON, eben diese beiden Bands als Referenz angegeben werden.
Aber da hilft jetzt nichts, da muss man als Rezensent durch. Hm, na ja, gut, Dream Theater werden auch noch als Vergleich angegeben. Kruder Mix. Nicht nur auf dem Papier, auch im CD-Player: LAST CHANCE TO REASON sind hektisch. Hyperaktiv. Wild. Hektisch. Verwirrend. Hektisch. Anstrengend. Und auch ein bisschen hektisch.
Blastbeat-Passagen, derbe Growls, Keyboard-Schlachten aus einem Science-Fiction-Film, dann wieder straightes Geballer, Klargesang, wirres Gitarrengeschredder, Elektrobeats, Geflüster, Akustikparts – Wahnsinn, auf was für einem irren Trip die Amis sind. Insbesondere Drummer Evan Sammons liefert hier eine Leistung ab, bei der 99,9 Prozent aller Drumprofis der Kiefer herunter klappen dürfte. Scheinbar chaotisch, scheinbar nur eine Aneinanderreihung verschiedenster Schläge auf Toms, Becken, Bassdrums. Doch am Ende macht dann doch alles Sinn, wird das meiste ziemlich rund. Im Gegensatz zu anderen Prog-Bands hat hier kein einziger Song Überlänge, der kürzeste Beitrag kommt gerade einmal auf anderthalb Minuten. 15-Minuten-Elegien dieser Intensität würde vermutlich auch niemand aushalten.
Wer die knappe Dreiviertelstunde am Stück geschafft hat, der muss sich wahrscheinlich erst einmal ein wenig schütteln. Vielleicht anschließend eine alte Bon Jovi als Ausgleich in den Player schieben.
FAZIT: Auch wenn es manchmal so wirkt, als würden sich die Amerikaner an ihren eigenen technischen Fähigkeiten berauschen: Das ist schon ganz schön beeindruckend, was LAST CHANCE TO REASON auf ihrem Prosthetic-Debüt hier abliefern. Wenngleich es unter dem Strich für meinen Geschmack ein kleines bisschen weniger hektisch sein dürfte.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.05.2011
Chris Corey
Mike Lessard
AJ Harvey, Tom Waterhouse
Brian Palmer
Evan Sammons
Prosthetic/Sony
43:50
27.05.2011