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Lebensessenz: Tage der Nostalgie

Stil: Neoromantische Salonmusik

Cover: Lebensessenz: Tage der Nostalgie

“Guten Abend, gnädige Frau. Vielen Dank für die Einladung!”
„Es ist mir eine Freude, sie als kunstverständigen Menschen hier begrüßen zu dürfen. Legen sie doch bitte ab und begeben sie sich in den Salon – der Künstler beginnt in wenigen Minuten.“
„Was wird er denn spielen?“
„Nur Eigenkompositionen. Er ist ein begabter junger Mann. Dies ist bereits sein achter öffentlicher Auftritt in unserem kleinen Kunstkreis.“
„Eigenkompositionen – ist er womöglich einer dieser Neutöner?“
“Ich bitte sie – mein Haus ist eine Heimstätte für Schönklang, nicht für Schönberg! Der Herr Schner wird für diese Jahreszeit angemessen spielen. Ein bisschen Weltschmerz, das kennen wir ja; besinnliche „Tage der Nostalgie“, ein wohlklingendes Flanieren durch den goldenen Herbstwald!“
„Man munkelt aber, seine Einflüsse lägen bei ERIK SATIE, ALEXANDER SCRIABIN und diesem musikalischen Begleiter obskurer Filmwerke – MICHAEL NYMAN.“
„Auch diese Komponisten haben meditative Stücke geschrieben und gespielt. Aber in NEWTON SCHNERs Brust schlägt ein zutiefst romantisches Herz. Nicht umsonst hat er eine seiner empfindungsvollen Miniaturen „Die lieben Liszts“ genannt. Das beschreibt ihn selbst auf ganz bezaubernde Weise. Ach wäre dieser ungeschlachte LISZT doch so ein reizender Mensch wie unser Herr Schner gewesen…“
„Ich bin gespannt.“
„Das können sie auch. Aber nehmen sie ruhig einen Aperitif, bevor das Konzert beginnt. Sie können sich auch zwei oder drei genehmigen, der Künstler hat es nicht eilig. Sie sehen aus, als könnten sie einiges vertragen! Und der Musik schadet es nicht.“
„Oder ist sogar zuträglich…“.
„Sie Schelm!“

FAZIT: Essenziell ist das nicht, was NEWTON SCHNER Jr. alias LEBENSESSENZ unter dem Titel „Tage der Nostalgie“ am Klavier vorführt. Aber schön anzuhören. SCHNER spielt entspannt vor sich hin, lediglich zu Beginn wird „The Heidegger’s silence“ durch Verfremdungseffekte aufgebrochen. Kaffeehausmusik der besseren Art; ein bisschen melancholisch, nicht allzu dunkel und manchmal sogar munter vor sich hin trabend. Richtig wild oder gar avantgardistisch schräg wird’s nie. Dafür bleib es erfreulich unpathetisch, und ein Gespür für ergreifende Melodien beweist LEBENSESSENZ ein ums andere Mal. Das wird nicht immer bis zum Ende ausformuliert, manchmal hören die Stücke abrupt auf, versanden. Der Mann am Klavier macht kein großes Gewese darum, sondern nimmt einfach die Finger von den Tasten und geht zum nächsten Stück über.

Die im Presseinfo genannten Inspirationsquellen (außer den oben genannten u.a. noch HAROLD BUDD, MORTON FELDMAN und FRANCIS POULENC) nehmen wir frohgemut zur Kenntnis. Doch aus der direkten Nachbarschaft des lauschigen Plätzchens, das sich LEBENSESSENZ zwischen Neo Romantik und New Age eingerichtet hat, grüßt eigentlich nur einer - dafür aber umso freundlicher: GEORGE WINSTON.

Klanglich sind die „Tage der Nostalgie“ leider keine Offenbarung. Mit viel gutem Willen kann man es unverfälscht nennen, als wäre das Album ein Direktmitschnitt aus dem Übungsraum, aufgenommen mit einem MP3-Recorder. Liegt vielleicht aber auch daran, dass die Promoversion eine gebrannte CD ist, während „Tage der Nostalgie“ offiziell – und nur in geringer Stückzahl (350) – auf 12‘‘ Vinyl vertrieben wird. Davon 100 Exemplare in Grün. Für die Anlage im Gartenhäuschen.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.10.2011

Tracklist

  1. The Heidegger's silence
  2. Das Herz des Menschen
  3. Die lieben Lisztz
  4. Un amour irréalisable Pt. I
  5. Tage der Nostalgie
  6. Liebesgeschichte
  7. Un anour irréalisable Pt. II
  8. Gedichte aus der Kindheit
  9. Sabela und Serrano
  10. The silence

Besetzung

  • Keys

    Newton Schner Jr. (Piano)

  • Sonstiges

    Newton Schner Jr.

Sonstiges

  • Label

    Dunkelheit Produktionen

  • Spieldauer

    50:36

  • Erscheinungsdatum

    07.09.2011

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