Nach "Earthen" aus dem Jahre 2007 winken NEUROSIS beziehungsweise deren ungewollte Ziehsöhne CULT OF LUNA einmal mehr mit dem Zaunpfahl - allerdings in ihrer wortlosen und sperrigsten Ausführung. "Icon" präsentiert LENTO wieder als schwerstarbeitende Ambienteschaffer, die den Putz von den Wänden rieseln lassen und die hässliche Fratze der Schöpfung nach außen kehren.
Sofort nach dem drönendne Intro "Then" walzt "Hymn" gleichfalls galvanisch über zerklüftete Urzeitfelsen, zwischen denen immer wieder karge Nischen aufblitzen, ehe LENTO die schroffe Steinwand hochgehen. "Icon " postrockt im besten Sinne, wenn "Limb" gleichfalls nicht nur eins der Titelgeber, sondern wahrscheinlich sogar mehr als nur alle vier davon in wallung bringt, ohne dass die Gruppe etwas mit konventioneller Rockigkeit zu tun hätte. Erschütternd wirken ihre Kompositionen sich umso häufiger aus, wenn etwa "Hymen" (nicht bloß in ihrer Namensfindung sind LENTO genauso sensibel wie ein ebensolches Häutchen …) die Temposchraube leicht anzieht und die Riff-Gebetsmühle in Gang setzt. Dann "Throne": Klangschlieren, wie man sie in ihrer Klischeehaftigkeit innerhalb dieser Stilistik erwartet, wonach aber ein ähnlich vorhersehbares Finale ausbleibt. "Least" kokettiert mit Mathematik für Schneckenhirne; die rhythmischen Schiebereien bleiben also nachvollziehbar, wenn auch nicht weniger schwer verdaulich.
"Dyad" trägt dann durchaus Scott-Kellysche Züge, was die Gitarrenton gewordene Apokalypse angeht, welche LENTO zelebrieren - umso vehementer mit dem knüppelnden (was bedeutet lento noch einmal?) wie alpträumenden Titelsong. Letztlich spaltet "Admission" die Gemüter: Gut sechs Minuten Chorgesang. Das sollen Südländer sein? Rabenschwarze Gemüter …
FAZIT: Die Ikonen von LENTO sind ohrenscheinlich, "Icon" selbst ein Soundtrack zum Streifzug durch wahlweise arktische Kältegrade oder eine prähistorische Landschaft, an Bedrohlichkeit und Lichtarmut kaum zu überbieten. Tatsächlich kann man in fast allen Fällen von richtigen Liedern sprechen, wiewohl ohne Texte und konventionelle Strukturen. Klangforscher wissen Bescheid - die heavy Entsprechung dessen was CURRENT 93 ungleich sachter kultivieren vielleicht?
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.03.2011
Emanuele Massa
Giuseppe Caputo, Lorenzo Stecconi, Donato Loia
Federico Colella
Federico Colella (samples)
Denovali
37:15
01.04.2011