Epische Refrains sind ihr Markenzeichen - genauso wie das ausgeprägte Tobias-Sammet-Vibrato von Oliver Kilthau. Wer nun an großspurige Hardrockopern denkt, liegt falsch: LIQUID HORIZON gesellen sich der deutschen Progmetal-Riege als veritabler Mitstreiter zur Seite - ohne Geheimwaffen, aber dafür mit außerordentlich scharfer Songwriting-Klaue.
"The Script of Life" wirkt als Ganzes wunderbar geschlossen und verzeichnet zugleich einen ganzen Sack voller Highlights. Zu nennen wäre vor allem "End of Time", trotz Stakkato-Vorrang und verhaltener Aggression mit unvorhergesehenen Akustikpassage kurz vor der Zielgeraden bestückt. Es steht beispielhaft für den Willen LIQUID HORIZONs, Bewährtes erfrischend zu etwas Eigenem umzumodeln, ohne gleich krampfhaft zu neuern. So ist ihr Stil vor allem Progressive Metal im zurückgerichteten Sinn mit einem Auge in den Neunzigern, als verzerrte Gitarren abseits des Untergrunds ein Schattendasein fristeten, die Perlen aber umso strahlender in einer kleinen, feinen Szene auftraten. "One by One" gerät wohl am metallischsten, wobei LIQUID HORIZON natürlich nicht dem klischeehaften Reinheitsgebot gerecht werden, sondern vergleichbar mit ihren verblichen wie immer noch aktiven Brüder im Geiste (VANDEN PLAS etwa) eine breite Stilpalette beherrschen, welche sie jedoch nicht mit Genre-Eklektizismus gleichsetzen, der vieles aus dem vermeintlichen Avantgarde-Feld so ungenießbar macht. Hier zeichnet sich vielmehr ein leuchtendes Bild aus Progrock und saftigen Metalgitarren in mitreißenden Arrangements.
Oliver Kilthau beherrscht die sanften und harten Töne gleichermaßen, ohne aufgesetzt zu klingen - eine seltene Gabe. "Every Second" bietet einen grandiosen Spannungsaufbau und verbleibt dennoch sehr eingängig. "Coasts of Holland" mit Soprangesang fadet zu plötzlich aus, während man bezüglich "Daily Dose" vor allem die Schlagzeugarbeit von Chuck West lobend hervorgeheben darf. Was Becken so alles dahermachen können … Die sachte Ballade "To the Stars" regt tatsächlich zum Abheben an; da bräuchte man den abschließenden Livesong gar nicht mehr als Bonus.
FAZIT: "The Script of Life" fungiert als fettes Ausrufezeichen im Bereich des deutschen Progressive Metal. POVERTY'S NO CRIME, SUPERIOR und in geringerem Maße SECRECY oder auch das erste PAYNE'S-GRAY-Demo dienen als keinesfalls vermessene Vergleiche zu LIQUID HORIZON. Testen und unterstützen!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.02.2011
Marc Schroth
Oliver Kilthau
Oliver Kilthau
Michael Heck
Chuck West
Firefield / Tiwlight
56:32
04.02.2011