In der anspruchsvolleren Musik der jüngeren Vergangenheit und der unmittelbaren Gegenwart scheinen die Kamele recht beliebt zu sein. Zum einen gab es einst ein neoprogressiv angehauchtes CAMEL, zum anderen neuerdings ein härter rockendes, einsames KAMEL. Mensch, liebe Musiker – gebt doch auch den Dromedaren mal eine Chance, die mussten nämlich bisher noch nicht einmal für ’ne Zigarettensorte herhalten und sind mit nur einem Höcker sogar viel genügsamer!
LONELY DROMEDARY wäre wohl der bessere Name gewesen. Denn die Musik der vier Jungs aus Oslo ist eben genügsam. Einsam knabbert das norwegische Wüstenschiff auf dem sandigen Grund des harten 70er-Jahre Rocks gelangweilt an den zarten Pflänzchen des Hard- und Stoner-Rocks, während es wegen der einseitigen Hausmannskost manchmal gehörig den Blues bekommt. Und darum hinterlässt es so einige Häufchen, die solch imposante Namen wie GOLDEN EARRING, BLACK SABBATH, UFO oder gar JIMI HENDRIX tragen. Alles natürlich Größen, deren Haufen echte Duftmarken sind. Nur das LONELY KAMEL hinterlässt keine eigene Duftmarke, sondern latscht ziel- und wahllos durch diese Haufen, um am Ende nur ein bluesig-tödliches Mini-Häufchen abzusondern.
Da ist es im Grunde egal, ob man seine Instrumente hervorragend beherrscht und der Gesang wirklich gut klingt – was ich ausdrücklich betonen möchte – wenn die Kompositionen und die musikalischen Ideen als Verbeugung vor ihren Helden vor sich hindümpeln. So etwas ist tödlich, genauso tödlich wie dieser „Blues For The Dead“.
Beim Betrachten des Covers und des Titels dachte ich anfangs, dass hier auch GRATEFUL DEAD gehuldigt wird, aber das kann man bis auf eine Ausnahme getrost vergessen und zwar „No More Excuses“ – für mich einer der besten Titel des Albums, was wohl auch an dem interessanten Hammond-Orgel-Intro liegt. Experimente oder Improvisation spielen dagegen auf diesem Album, das es auch als Vinyl-Ausgabe gibt, keinerlei Rolle. Dafür muss man aber sagen, dass es genau solche Musik war, die wir früher gerne auf unseren Plattenteller legten, weil infolge der größtenteils harten Rockanteile und fetten Bässe kaum das Knistern zu vernehmen war, das einen dann immer in den ruhigen Momenten störte. Die gibt es bei LONELY KAMEL nämlich kaum.
Ach so – da hätte ich doch fast vergessen, dass der „Trip“ am Ende wirklich ein, besonders am Ende des Songs, psychedelisch wabernder „Trip“ ist. 10 Minuten hat man dazu Zeit. Übrigens der zweite Tipp meinerseits. Wer drauf steht, kann sich dabei ja eine Tüte anzünden und seinen eigenen Todes-Blues einläuten.
FAZIT: Die Norweger beerdigen den Blues und am Grab stehen die Mannen von UFO, BLACK SABBATH und GOLDEN EARRING. Jeder wirft sein musikalisches Blümchen auf den Sarg und zum Leichenschmaus wird ein ordentlicher Joint durchgezogen, während sich die Kakerlaken-Kommune im Dschungelcamp vergnüglich über das Gemächt von Rainer Langhans hermacht, dem nicht nur die Joints ausgegangen zu sein scheinen.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.01.2011
Stian Helle
Thomas Brenna
Lukas Paulsen, Thomas Brenna
Espen Nesset
Record Heaven / Transubstans Records / Indigo Vertrieb
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28.01.2011