Wie in anderen Genres ist es auch hier nicht anders: Wenn man im extremen Metal lange genug in der großen bunten Kiste wühlt, kann man so manch interessante Band entdecken. Die Briten MALEFICE sind dabei gar nicht mal so außergewöhnlich, denn die Zutaten, die sie in ihrem Süppchen brodeln lassen, sind bewährt: Etwas DARKANE plus vom Göteborg-Melo-Death beeinflusster Metalcore, noch etwas heftiges Death-Metal-Geprügel, viel modernen Thrash, wunderschöne, cineastische, semiakustische Luftholparts und ein paar keyboardgeschwängerte melodische Passagen, und zum Schluss wird alles noch mit einer ordentlichen Portion Progressivkost und einem kleinen Schippchen Mathematik durcheinandergerüttelt.
Doch das dritte Album des Quintetts ist trotz seiner vermeintlichen Zerfahrenheit von vorne bis hinten durchdacht komponiert, wobei die Stücke kaum vorhersehbar sind. Und trotz häufiger Songlängen jenseits der Fünf-Minuten-Grenze gelingt es MALEFICE, dass die Stücke niemals überfrachtet erscheinen, ebenso aber auch nicht in die Länge gezogen wirken. Im Gegenteil, es ist stets etwas los, es gibt unzählige Wendungen, und man kann sowohl die Rübe shaken als auch luftklampfend den Posergott vorm Spiegel mimen, mit dem Taschenrechner breakdancen und im rosa Tutu über imaginäre Blümchenwiesen galoppieren.
Kritik kann man höchstens am etwas zu standardisierten Knüppelsound üben, der gerne ein klein wenig organischer hätte sein können, und auch Shouter Dale Butler könnte manchmal noch etwas variabler zu Werke gehen. Er bemüht sich zwar, vielschichtig zu agieren, doch sehr häufig findet er leider den Weg zurück in sehr monotones Shouting. „The Day The Sky Fell“ wäre ein solches Beispiel, in welchem die Problematik deutlich wird. Eine Problematik allerdings, die nicht gravierend ins Gewicht fällt, sondern eher so eine „Ja Mensch, so wäre das natürlich noch geiler“-Sache ist.
FAZIT: Fans des modernen Geknüppels, die starke Melodien und pfeilschnelle 32tel-Riffsalven zu schätzen wissen, sollten sich „Awaken The Tides“ auf der Unbedingt-reinhören-Liste notieren, denn das Potenzial der fünf Insulaner ist erstaunlich.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.07.2011
Tom Hynes
Dale Butler
Ben Symons, Alex Vuskans
Craig Thomas
Metal Blade
52:01
15.07.2011