Wer kennt es nicht, dieses Gefühl, im Bett zu liegen und auf den erlösenden Schlaf zu hoffen, während einem genau in diesem Moment tausende Gedanken durch den Kopf schwirren, die einem keine Ruhe und vor allem nicht in den Schlaf kommen lassen? Genau diese von uns Schlafbedürftigen so verhasste Phase hat MARTEN KANTUS auf „Insomnia“ musikalisch umgesetzt…………………………….. Oder (besser) umzusetzen versucht!
Das zweite, erstmals im Jahr 2004 erschienene und 2007 von Kantus digital neu bearbeitete Album erzählt sechs unterschiedliche Geschichten, die sich rund um das Thema Schlaflosigkeit drehen. „Coming Home“ beginnt mit der Rückkehr des Musikers nach verschiedenen Reisen in seine Heimatstadt Berlin, die ein besonderes Nachtleben aufweist. Die Unruhe des Hauptstadtlebens soll angeblich unverkennbar sein. Ist sie aber nicht, sondern eher entspannt und angenehm fließend. Mit einem gleichmäßigen (!!!) Herzschlag beginnt der Titel und entwickelt eine, besonders von der E-Gitarre getragene Eigendynamik, gepaart mit beeindruckenden Keyboard-Flötentönen, die dann in Piano-Geplänkel übergehen, das durch ansatzweise härtere E-Gitarren abgelöst wird. Mit Schlaflosigkeit hat diese Musik trotzdem nichts zu tun. Und genau dieser Eindruck setzt sich im Verlauf des gesamten Albums fort.
Zwar spielt die elektronisch verstärkte Gitarre eine wichtigere Rolle als auf dem Debüt-Album „Echology“ und auch die Keyboardeinsätze versuchen mehr Dynamik zu vermitteln, allerdings bleiben wirklich Ausbrüche grundsätzlich aus. Ein „German Nightmare“ beispielsweise, in dem sich MARTEN KANTUS mit den gesellschaftlichen Problemen der deutschen Gesellschaft, die zur Schlaflosigkeit führen, auseinandersetzt, ist wirklich kein Albtraum. Selbst leichte Jazz-Momente und wechselnde musikalische Stimmungen vermitteln am Ende doch nur einen angenehmen Wohlklang zwischen OLDFIELD und den instrumentalen Ausflügen, die wir von den „späten“ CAMEL kennen. Genauso verhält es sich bei „Hypnophobia“, einem Stück, das die Einsamkeit des Nachtmenschen thematisiert und sich hervorragend in das bis dato geschaffene, einschläfernde Klangbild einpasst.
Eindeutiger Höhepunkt ist dann der mit 22 Minuten längste Titel des Albums. „Insomnia“ versucht, die Vielzahl der Eindrücke zu verarbeiten, die einem Schlafsuchenden den Schlaf rauben. Aus musikalischer Sicht der gelungenste Titel, auch wenn er thematisch wieder nicht die beabsichtigte Aussagekraft zu vermitteln vermag. Deutliche Einflüsse von MIKE OLDFIELD und PIERRE MOERLEN’S GONG veredeln diese kleine Symphonie des eher schläfrigen Schönklangs. Nur Spannungen, die einen schlaflos machen, baut auch „Insomnia“ nicht auf.
Ob KANTUS’ den letzten Titel des Albums, ein reines Pianostück, mit einer gewissen Selbstironie „Falling Asleep“ genannt hat, vermag ich nicht zu deuten. Er selber schreibt dazu aber: „In ‚Falling Asleep’ this is exactly what happens.“ In dieser Beziehung kann ich ihm nur zustimmen.
FAZIT: Ein insgesamt widersprüchliches Album, bei dem das gewählte Thema und dessen musikalische Umsetzung nicht wirklich zueinander passen. Statt die Schrecken der ungewollten Schlaflosigkeit mit komplexen und verwirrenden Klängen zu illustrieren, enthält dieses Album mehr beruhigenden Wohlklang, der am ehesten zu einem Nickerchen einlädt. Harmonie statt Dissonanz – also mehr Schlaftablette als Schlafentzug! Thematisch eine komplette Verfehlung.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.04.2011
Marten Kantus
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Marten Kantus (Sampler & Synthesizers)
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21.03.2004