Die Kanadier NEURAXIS sind bereits seit 1994 unterwegs und überraschen jedes Mal aufs Neue mit qualitativ hochwertigen Alben, deren großer Erfolg aber bisher zumindest ausgeblieben ist. Das mag natürlich an der Musik aus der Frickel-Death Metal-Ecke liegen, aber auch dieser muss sich nicht unbedingt in Technikverliebtheit und Selbstbeweihräucherung erschöpfen, sondern kann mitreißend und eingängig bleiben, wie NEURAXIS auf ihrem aktuellen Werk „Asylon“ eindrucksvoll demonstrieren.
Seit dem mit etwas dünnem Sound geschlagenen Vorgänger „The Thin Line Between“ aus dem Jahre 2008 hat sich das Besetzungskarrussel zum wiederholtem Male gedreht und als Konstanten in der Band bleiben Sänger Alex LeBlanc und Ausnahmegitarrist Robin Milley zu vermelden. Mit dem Doppel-Olivier-Zugang in der Rhythmussektion haben sich NEURAXIS aber keineswegs verschlechtert, sondern einen gewaltigen Schritt nach vorn gemacht. Druckvoll und kompakt hämmern jetzt die vertrackten Phrasen und exzessiven Snare-Betonungen aus den Boxen, während die Gitarrenarbeit den Hörer durchaus gelegentlich den Unterkiefer runterklappen lässt. Was Saitenhexer Robin Milley auf „Asylon“ einerseits an technischen Fähigkeiten darbietet, ist verblüffend, noch verblüffender ist allerdings die Tatsache, dass selbst die extrem detailverliebten Riffs ein fließendes Ganzes ergeben, das wiederum in beinahe eingängigen Refrains mündet und einen Großteil der Songs sofort ins Ohr gehen lässt. Sänger Alex LeBlanc ist sicher kein Ausnahmetalent, aber ein solider Death-Metal Growler, der zwischen kraftvollen Shouts und eben derben Growls pendelt und intelligenten Texte zu bieten hat. Gemetzel, Mord und Totschlag oder Freund Satan sucht man bei NEURAXIS jedenfalls vergeblich, vielmehr durchlebt LeBlanc seine düsteren persönlichen Momente nochmal.
Womit wir beim Gesamteindruck von „Asylon“ - was nichts anderes als „Asyl“ auf altgriechisch bedeutet - wären. Der ist nämlich der düsterste und bedrohlichste, den die Band bisher hinterlassen hat. Positive Melodien sind ebenso wie Verschnaufpausen rar, überwiegend regiert der kontrollierte Wahnsinn in Hochgeschwindigkeit, das Ende mit akustischer Gitarre beim Rausschmeißer „Left To Devour“, gibt allerdings Hoffnung auf Überlebende.
Das Voranstehende lässt jetzt eventuell den Eindruck zu, dass NEURAXIS ein eingängiges Hit-Album geschrieben haben, dem ist aber absolut nicht so. Vielmehr beeindruckt die Band durch ihre Komplexität in Verbindung mit Nachvollziehbarkeit und vielen kleinen unterschwelligen Melodien und Variationen, die hier das sprichwörtliche Salz in der Suppe ausmachen. „Asylon“ zündet nicht auf ganzer Länge sofort, die Vielschichtigkeit offenbart sich aber um so mehr bei näherer Beschäftigung mit dem Album, die sich auf jeden Fall lohnt.
FAZIT: NEURAXIS spielen in einer Liga mit anderen sehr eigenen kanadischen Bands wie GORGUTS oder CRYPTOPSY, und haben mit „Asylon“ ein Album vorgelegt, das sowohl durch Komplexität als auch Eingängigkeit besticht. Anders als bei vielen weiteren Frickel-Tech-Deathern schließt sich beides hier nicht aus und macht das Asyl zu einem echten Erlebnis auch für den Fan eher simpler Musikvarianten. Heißer Kandidat für meine persönlichen Top Ten 2011.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.02.2011
Olivier Pinard
Alex LeBlanc
Robin Milley
Olivier Beaudoin
Prosthetic Records
39:38
18.02.2011