2004 reformiert, griffen die NEW YORK DOLLS ihrerzeit den Rhythm'n'Blues der ROLLING STONES auf und überführten ihn ins Siebziger-Garagenpunk-Zeitalter, das zudem mit Glam kokettierte. Heute klingt dies alles recht handzahm, wenngleich nicht langweilig.
David Johansen intoniert demnach häufiger als nicht wie einer der klassischen Crooner aus seiner Stadt, was gleich der Opener "Fool for You Baby" sowie das Anschlussstück mit schmissigem Klatschrhythmus bezeugen. Die DOLLS fahren ein sattes Aufgebot an Gastmusikern auf, unter anderem im Chor und an klassischen Instrumenten, was in "I'm So Fabulous" etwa Brassrock-Flair mit RAMONES-Rotz verquirlt und "Talk to Me Baby" zu psychedelischem Spätsechziger-"The"-Band-Glanz verhilft. Bei dem ganzen Zinober beschleicht einen nie der Eindruck, es mit einer halbherzigen Angelegenheit zu tun zu haben, denn berechenbar klingt die Gruppe nicht, dafür jedoch umso herzergreifender, wenn sie in "Kids Like You" etwa dahinschleicht und während "You Don't Have to Cry" Lagerfeuer schürt. Einen Feger wie "I Sold My Soul to the Junkman" wird man in dieser Art und Güte von keiner jungen Band hören; hier spricht die Altersweisheit aus "Dancing Backwards in High Heels", welche die Stimme des DOLLS-Leadsängers ohnehin andauernd versprüht. "Baby Tell Me What I'm On" beweist Experimentierfreude, und "Funky But Chic" kokettiert angesichts des Titels erwartbar mit Disco.
"Dancing Backwards in High Heels" ist ein buntes wie angenehm dezentes Album geworden, dem kein großer Medienrummel die Aufmerksamkeit aufs Wesentliche entzieht. NEW YORK DOLLS sind ungeachtet der Frage nach Aktualität - die Scheibe wurde klanglich zeitgemessen inszeniert und steht musikalisch sowieso über den Jahrzehnten - eine nach wie vor authentische und veritable Größe, wenn es um die Freilegung beziehungsweise Pflege der knorrigsten aller Wurzeln des Rock geht.
FAZIT: Mit "Dancing Backwards in High Heels" fügen die DOLLS ihrem Gesamtwerk ein sehr gutes, heiter bis nachdenkliches Album durch, das weit mehr überzeugt und interessanter klingt als die arg gleichförmigen Schoten, die etwa Mike Ness seit "White Trash" rausgehauen hat. Proto-Punk, uramerikanischer Schepper-Pop als "Alternative"-Vorreiter - you name it …
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.03.2011
Jason Hill
David Johansen
Sylvain Sylvain, Frank Infante
Brian Delaney
Blast
37:15
25.03.2011