Es ist kaum zu glauben, welch kreatives Potenzial bei PAGAN’S MIND noch schlummert. Hatte man schon “God’s Equation”, das vierte Album der Band, als Meisterwerk tituliert, bei dem kaum noch Luft nach oben zu sein schien, muss man nach dem wiederholten Genuss von "Heavenly Ecstasy" konstatieren: Die Norweger haben nochmals eine Schippe draufgelegt, eine Scheibe abgeliefert, die man schon jetzt als Klassiker bezeichnen muss.
Im Vergleich zu den Vorgängern hat man sich bei „Heavenly Ecstasy“ von den Ketten des progressiven Metals gelöst, geht eine ganze Ecke straighter zur Sache – ohne dabei auch nur ein Fitzelchen an Qualität und Technik zu verlieren. Man höre nur einmal den Opener "Eyes Of Fire", der mit seinen permanenten Piano-Tupfern, der feinen, dramatischen Gesangsmelodie und den akzentuierten Gitarrenriffs eine vorweggenommene Zusammenfassung des Albums ist.
PAGAN’S MIND schaffen es wie kaum eine andere Band, klassischen Power Metal mit Hardrock und einem modernen Anstrich zu versehen, ohne dass engstirnige Traditionalisten empört aufschreien müssten. Allerdings würde auch niemand auf die Idee kommen, die Ausnahmemusiker als altbacken zu titulieren.
Und so sitzt der Rezensent teilweise mit heruntergeklappten Kiefern vor der Anlage und lauscht dem, was da aus den Boxen strömt: Gänsehautmomente in Palettengröße, gleichzeitig heavy und episch, melodisch und heftig, tiefschürfend, aber doch schnell zu verstehen – ein einmaliger Mix, der PAGAN’S MIND von all denen Möchtegern-Progressivbands abhebt, die seelenlos Riff an Riff und Break an Break klatschen und griffbrettwichsend 15-minütige musikalische Leerhülsen produzieren. Hin und wieder denkt man, "das hätte auf dem echten Nachfolger von Queensryches Operation:Mindcrime stehen müssen". Diese Schublade - nichts gegen Queensryche! - wäre aber in der Tat zu klein für Norwegens beste Band.
FAZIT: Metal mit Anspruch, gleichzeitig melodisch und heftig riffend. Epochale Melodien im Dutzend, dabei jederzeit nachvollziehbare musikalische Brillanz – kaum vorstellbar, dass PAGAN’S MIND „Heavenly Ecstasy“ nochmals toppen können. Doch das hat man ja schon bei „God’s Equation“ gedacht. Deswegen muss bei der Benotung noch ein bisschen Spielraum sein für die nächste Großtat. Trotzdem: Viel besser geht das wirklich nicht...
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.05.2011
Steinar Krokmo
Nils K. Rue
Jorn Viggo Lofstad, Ronny Tegner
Stian Kristoffersen
Steamhammer/SPV
56:05
20.05.2011