Mein lieber Schwan, da will es aber jemand so richtig wissen: Wer RHAPSODY OF FIRE schon überfrachtet findet, wer KAMELOT als zu melodramatisch erachtet, der sollte um „Beyond The Space, Beyond The Time“, dem Debüt der polnischen Bombast-Metaller PATHFINDER, einen ganz weiten Bogen machen.
Schon die Songtitel lassen – je nach persönlichem Gusto – Schreckensschauer über den Rücken laufen oder den Speichelfluss erhöhen: „The Whisper Of Ancient Rocks“, „All The Mornings Of The World“, „Sons Of Immortal Fire“, „To The Islands Of Immortal Fire“ – dezent geht anders. Und nach dem Breitwandkino-Intro, in dem die Band bereits alle Streich-, Blas- und Tut-Orchester dieser Welt in dreieinhalb Minuten sämtliche Instrumente stimmen lässt, geht’s mit dem galoppierenden „The Whisper Of Ancient Rocks“ auch gleich in die Vollen. Mehr ist mehr: Mehr Tempo, mehr Tonspuren, mehr Stimmen, mehr, mehr, mehr – das ist entweder nur schwer erträglich, oder man steht nahezu fassungslos vor dem virtuosen Overkill, den die Polen hier entfesseln.
Straighte Songs sucht man auf „Beyond The Space, Beyond The Time“ nahezu vergeblich, an jeder Stelle wird noch ein Keyboard-Teppich gewebt oder ein Spinett entstaubt. Pianoklänge zerklimpern jede sich bietende Sekunde der Stille, Gitarren singen, vielstimmige Männerchöre schmettern Heldengeschichten, und wenn das alles noch nicht reicht, muss eben auch noch das Blasorchester ran. Und in der unglaublichen Schmachtballade „Undiscovered Dreams“ darf dann natürlich auch noch die unvermeidliche Trällerelse ihr Engelsstimmbändchen dehnen.
RHAPSODY OF FIRE nennen ihre bombastische, sinfonische und vollgestopfte Interpretation des melodischen Metals „Hollywood Metal“. Wenn die Italiener diesen Terminus nicht erfunden hätten, müsste man ihn definitiv für PATHFINDER erfinden.
Ein FAZIT zu finden, ist gar nicht so leicht. Auf der einen Seite muss man PATHFINDER zweifelsohne Respekt zollen, ihre Art des Bombastmetals detailverliebt zu zelebrieren und bis in den letzten Soundzipfel auszugestalten. Das ist sogar weitaus besser, als es RHAPSODY OF FIRE auf ihren letzten Alben zu tun wussten. Dennoch: Über die gesamte Albumlänge ist „Beyond The Space, Beyond The Time“ fast schon migräneauslösend, weil die Band ihr Debüt einfach viel zu sehr überfrachtet hat. Beim nächsten Mal bitte etwas zurückhaltender instrumentieren. Weniger ist nämlich mehr.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.03.2011
Arkadius Ruth
Szymon Kostro
Karol Mania, Gunsen
Slawomir Belak
Kamil Ruth
GM Records
71:52
18.03.2011