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Ray Burke: Humanity Street

Stil: Gemischtwaren Rock

Cover: Ray Burke: Humanity Street

FOREVER, WARRIOR, LIFE AFTER DEATH, ROB ROCK, BRUCE DICKINSON – Stationen des Bassisten RAY „Geezer“ BURKE seit Mitte der 80er. Metal blinkt und blitzt aus jeder Fuge. Damit sollte die Stoßrichtung von „Humanity Street“ eigentlich klar sein, vor allem wenn man sich ebenfalls die Vita von prägenden Mitspielern wie Roy Z und Sänger Jack Emrick anschaut: hart und heftig scheint angesagt.

Von wegen. Denn neben den oben genannten Musikern findet sich mit Azar Lawrence jemand, der bereits mit MILES DAVIS und MCCOY TYNER spielte, und Keyboarder John Schuller vergnügte sich u.a. mit BILLY PRESTON und SLY AND THE FAMILY STONE. Dieses Namedropping könnte jetzt seitenlang weitergehen. Würde auch erklären, warum „Humanity Street“ ist, was es ist: Eine wilde Mixtur quer durch Zeiten und Genres, deren disparate Strukturen manchmal mitten in einem Song aufeinander treffen und ihn spalten.
Es beginnt wie eine gelungene Paraphrase von MILES DAVIS klagend hingehauchtem Großstatdtjazz, sehnsuchtsvoll und melancholisch. Geht über in souligen Dub-Rock, immer noch mit begleitender Trompete. Danach wird‘s ein bisschen progressiv, BLOOD, SWEAT & TEARS spielen die GORILLAZ nach, die Gitarre verbreitet ein wenig SANTANA im Classic-Rock-Fieber. Gelungener, abwechslungsreicher und trotzdem stimmungsmäßig zusammen passender Einstieg.

Danach wird’s ungemütlich. „Falling Into Pieces“ ist fieser Funk-Rock mit Jack Emrick als völlig unpassendem Metal-Shouter, später gesellen sich Bluesharmonika und rüder Roots-Rock hinzu. Das hat seine Momente, vor allem, wenn die Harmonika entfesselt loslegt, zeigt aber das größte Problem des Albums: es passt einfach nicht zusammen. Man kann sich innerhalb eines Stückes etliche hörenswerte Stellen herauspicken, der Rest fällt ballastmäßig über die Reling. Das folgende „Nostalgia“ ist eine mehr gefürchtete als geliebte Powerballade in ungewöhnlicher Instrumentierung. Ein bisschen Downtempo-Latin-Swing unplugged. Interessant, aber nicht wirklich gelungen. Das morbide, schwül-jazzige „Outerbass“ schon eher. Klasse Song. Stellt sich bloß die Frage – beim wievielten Album sind wir jetzt? Song eins bis drei und Nummer 6 kann man unterbringen, vier ist wieder was eigenes, fünf ebenso, aber anders…

So ähnlich geht es weiter. 15 Stücke zwischen Mitternachtsgroove und feistem Rock, Hobos kleiner Nachtmusik und schweinischem Gegniedel; Kopfnicken und –schütteln liegen dicht beieinander. Das logischerweise sehr bescheiden klingende „There Goes my Heart“ von Nat King Cole, interpretiert 1964 von Ray Burkes Vater auf einem Kreuzfahrtschiff(!), ist zwar rührend, setzt dem Stilmix aber endgültig ein rauschendes Krönchen auf. Wirkliche Komplettausfälle gibt es aber nicht. Wenn man davon absieht, dass manches so klingt, als hätte man einen Rennwagen auf Eisenbahngleise gesetzt. Oder umgekehrt.

FAZIT: Man muss sich schon passend machen, was nicht zusammen passt. Dann klappt es auch mit „Humanity Street“. Tolle Songs und Momente hat das Album einige zu bieten. Und wer immer mal wissen wollte wie es klingt, wenn LED ZEPPELIN mit MILES DAVIS Kanonen und Rosen austauschen, während Blut, Schweiß und Tränen zu Mutters feinsten Abenteuern rinnen - der kann mit der Hommage an eine überschwemmte Straße in New Orleans recht glücklich werden. Da die Anzahl dieser Menschen aber überschaubar sein dürfte, können sich alle anderen aus diesem musikalischen Naschwerk Rosinen herauspicken. Die es reichlich gibt. Aber der Kuchen, der sie zusammenhalten sollte, ist dabei längst zerbröselt.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.07.2011

Tracklist

  1. Humanity Street
  2. Planet Funk
  3. Sands Of Time
  4. Falling To Pieces
  5. Nostalgia
  6. Outerbass
  7. Rain
  8. What Up
  9. Somebody
  10. Vengeance
  11. Pops
  12. Earthmover
  13. Get On
  14. It's Monster
  15. There Goes My Heart

Besetzung

  • Bass

    Ray Burke

  • Gesang

    Ray Burke, jack Emrick, Bob Khaleel, Penay Wanzo, Tim Neighbors, Arthur Lee Burke

  • Gitarre

    Joel Shearer, Roy Z, Dave Duncan, John Goodwin, Chris Grady, Phil Sandoval, Joe Floyd

  • Keys

    John Schuller

  • Schlagzeug

    Jon Mattox, Chris Duncan, Leanna Burke, Larry Foster, Gonzo Sandoval, Leon Mobley, David Moreno

  • Sonstiges

    John Fumo, Azar Lawrence, Tex Nakamura, Elizabeth Wright

Sonstiges

  • Label

    Bright Orange Records

  • Spieldauer

    50:55

  • Erscheinungsdatum

    17.06.2011

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