Der französisch-iranische Sänger und Gitarrist Reza Hatami lebt in Paris und hat mit “Moonless” sein zweites Album produziert. So wirklich französisch klingt REZAs Musik aber nicht. Höchstens ein wenig Vorstadtmelancholie lässt sich ausmachen, doch die wehmütigen und hochmelodischen Songs atmen eher den Geist tiefgründiger Singer/Songwriter-Musik (das Presse-Info nennt nicht ganz zu Unrecht, aber auch nicht wirklich treffend LEONARD COHEN) und atmosphärischen Country-Folks mit einer deftigen Prise Americana. Über weite Strecken klingt „Moonless“ wie die kongeniale Fortsetzung zu STEVE WYNNs beseeltem Meisterwerk „Fluorescent“.
Die englischen(!) Lyrics beschäftigen sich mit Sehnsucht, Verlust, Einsamkeit, familiärem Zusammenhalt in der Fremde; Fremdheit überhaupt und sind von treffender Schlichtheit. Das ist nicht simpel, sondern glänzt durch die Kunst der Zurückhaltung, die der Musik Chance und Raum gibt, das Ungesagte auszudrücken. Sechs der zwölf Songs basieren auf Gedichten des griechischen Autors Sotiris Vardoulakis und ergänzen REZAs eigene Texte vorzüglich.
Gut steht „Moonless“ zu Gesicht, wenn das Tempo mal ein ganz klein wenig angezogen wird, wie beim countrylastigen „Desert Land (featuring H. Burns)“, dem direkt darauf folgenden, behutsam rockenden „The Letter“ und dem rumpelnden „Grey Window“. Auch das fast schon fröhliche „Child“ überzeugt.
Besondere Highlights sind zudem der nachdrückliche Opener „Why?“, das todtraurige „Boozer’s Talk II“ und die intime Familienaufstellung „Rain“. Lediglich das Finale plätschert mit „The House Near The Airport“ auf Dauer etwas zu betulich vor sich hin. Ein Ausfall ist auch dieses Stück nicht, gerade der Anfang weiß zu brillieren.
FAZIT: Ein Album aus einem Guss. Beherrscht lässiges Zurücklehnen ebenso wie emotionale Tiefe. Die ganz schwere Kunst federleicht zu erscheinen. Ein nachdenkliches kleines Meisterwerk, das nicht durch Gejammer nervt, sondern höchst stilsicher instrumentiert und eingespielt ist und verdammt gut klingt. Namensgeber REZA ist ein einprägsamer Sänger, dessen Stimme sich zwischen STEVE WYNN und LEONARD COHEN wohlfühlt, wobei er mehr Sänger (WYNN) als Erzähler (COHEN) ist. Die perfekte Platte für die Zeit nach Mitternacht, wenn die Brüchigkeit der eigenen Existenz auf dem Prüfstand ist, und die Seele ein wenig Balsam sowie eindringliche Kommentare vertragen kann.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2011
Gonzague Octaville
Reza Hatami, Boris Kohlmayer (bv.)
Reza Hatami (acc.), Boris Kohlmayer (el.)
Stéphane Garry
Pierre-Jean Grappin
Christopher Bartlett, Boris Kohlmayer
Dust On The Tracks/Intergroove
41:17
28.01.2011