Auch in Kalifornien brennt die Sonne, bis die Nacken rot sind: Authentischer als SAM MORRISON und sein Gefolge spielt man Southern Rock auch im Bible Belt nicht. Demgemäß dürfen Überraschungssüchtige gähnen und Genrefreunde mit der Zunge schnalzen, wenn sie "Dig It Or Don't" hören - in diesem Zusammenhang übrigens ein durchaus sinniger Titel.
Die Texte der SAM MORRISON BAND provozieren bisweilen Stirnrunzeln oder bei ideologisch Zartbesaiteten gar Brechreize, aber der Hauptprotagonist ist angefangen beim Produzieren bis hin zum Booking ein typischer selfmade man, der "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott" wahrscheinlich genauso verinnerlicht hat wie "ora et labora". Rangeklotzt und brav nicht aus der Reihe getanzt wird auf dieser Scheibe jedenfalls in allen Belangen, dies aber überaus charmant. Der Barde und seine Mannen wie Weiblein klingen sympathisch, vor allem im melancholischen "Celebrate" mit geselligem Klatschen.
Drei Gitarren sind nicht bloß Makulatur, wie der Opener "Rattlesnake Stew" lautstark beweist, wohingegen man sich zum straight Shooten des "Whiskey" balladesk zurücknimmt. "I like my Bourbon over ice" … schon klar, oder? Aber nein, der Text kündet den Blues als Alternative zum Saufen an, sehr ordentlich - und wenn die Harmonien einstweilen wieder im Tripel auftauchen, bekommt man glatt eine Gänsehaut. Generell gefällt dem Chronisten Southern Rock genau dann nicht, wenn die Protagonisten die Beine auseinanderziehen und ihr Becken in die Kamera drücken, hier geschehen im Nullachtfuffzehner "Gunsmoke". "Almost Home" - mit Damenbegleitung am Mikro - dagegen hat wieder alles, was etwa FREE ausmachte; die Hooks und Melodien könnte sich definitiv ein Paul Kossoff aus den Fingern gesogen haben.
"Say Your Prayers" gerät mit funky Gitarren und Orgel sowie einer einmal mehr schon irgendwo gehörten Melodie zum weiteren Highlight, "Somebody's Daughter" dagegen zur entbehrlichen Schmalzpfütze. Nimmt man dem Cowboy ein Streichorchester im Saloon ab? Eben … "You Bet" ist Anspieltipp Nummer drei und strotzt im Uptempo vor Spielwitz, wenngleich der Text einmal mehr darauf hindeutet, wie eingeigelt die Roots-Rock-Mischpoke bisweilen agiert. Der Song ist ein Tribut an Baseball-Crack Peter Edward Rose; ich warte auf den ersten Bastian-Schweinsteiger-Song einer hiesigen Bluesband … "Gotta Ride" wird als treibendes Achtelgeschoss seinem Titel gerecht und zum subjektiv besten Track des Albums. "Peacekeepers" wäre vielleicht noch besser, hätte MORISSON einfach die Fresse gehalten: "Stand and fight for what is right", "we cannot forget", "standing proud, standing strong", "always armed and ready to do what's to be done", "remember New York City" … Braucht hüben wie drüben keine Sau, und ab dafür. Das gilt übrigens auch für den x-ten "Amazing Grace"-Aufguss.
FAZIT: Die SAM MORRISON BAND spielt und lebt Southern Rock mit allem Wenn und Aber. Musikalisch ist hier alles im Lot, doch gedanklich stellen sich dem kultivierten Amerikaner - unsereinem sowieso - die Haare zu Berge. Es gilt Disqualifikation wie bereits bei LYNYRD SKYNYRD, doch da es zumindest auf diesen Seiten um Songs geht, darf dem rein klanglich in die Richtung der Vorreiter tendierenden Fan "Dig It Or Don't" definitiv zum Diggen ans Herz gelegt werden; der Rest wird sich eh nie bekehren lassen.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.09.2011
Greg Kasparian
Sam Morrison, Mandy Burke, Doreen Novotny
Sam Morrison, Steven Crenker, David Kurtz
Bart Robley
Karl Sanger (sax)
Convalian Productions / Just For Kicks
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09.09.2011