Ich gebe es offen und ehrlich zu: ich habe mich wirklich auf das neue SCHANDMAUL-Album "Traumtänzer" gefreut. Nach dem eher durchwachsenen Vorgänger "Anderswelt" und der 17-monatigen Tourpause hat man eben doch wieder Lust auf den fröhlich rockenden Folk und die Geschichten, die SCHANDMAUL auf ziemlich einzigartige Art und Weise vertonen. Und das Beste daran: die Vorfreude wird nicht enttäuscht.
Man merkt dem Album fast zu jeder Sekunde an, dass die Pause der Band gut getan hat. Frisch und unverkrampft ist das Songwriting, neue Ideen lockern das bekannte Soundbild gekonnt auf und man fügt der eh schon langen Liste an Hits ein paar weitere Lieder hinzu. Über die musikalischen Fähigkeiten des Sextetts muss man wohl keine Worte mehr verlieren, was jedoch stetig besser wird, sind die Arrangements der Songs, die Verbindung von Rock- und Folk- bzw. Mittelalterinstrumenten ist mitunter schon als spektakulär zu bezeichnen, ohne dass sich aber irgendwer in den Vordergrund spielt - das wichtigste war und ist bei SCHANDMAUL schon immer der Song an sich und an diesem Erfolgsrezept wird nicht gerüttelt. Auch bedarf es eigentlich keiner besonderen Erwähnung, dass der Sound des in den münsterländischen Prinicpal Studios und dem Turnstyle Studio in Berlin aufgenommenen Albums makellos ist.
Los geht die knappe Stunde mit dem Titeltrack, der nicht nur für ein Album, sondern auch für die kommenden Konzerte der perfekter Eröffner ist. Fast schon punkig flott, verspielt und mit einem tollen Refrain haut man direkt mal einen Hit raus. Düsterer wird es im mit sozialkritischen Untertönen versehenen "Der Alchemist", die Nummer ist genauso typisch für SCHANDMAUL wie das maritime "Auf hoher See". Mit modernem Rhythmus kommt das geheimnisvolle "Hexeneinmaleins" daher - vier Songs, vier Volltreffer, das muss man erstmal hinbekommen. Eigentlich ein toller Song ist auch das leichtfüßige, mit spanisch anmutenden Elementen und Bläsern daher kommende "Bis zum Morgengrauen", in dem man die derzeit schwer beliebte Vampir-Thematik aufgreift. Die ideenlose Betitelung des Songs ist für die sonst so kreative Band aber verwunderlich. Mit dem dahin plätschernden Ballädchen "Die Rosen" folgt der erste und einzige Tiefpunkt des Albums, der ist aber schnell überwunden, denn das coole, bedrohlich wirkende "Schwur" zeigt SCHANDMAUL von ihrer düstersten Seite. Slawisch-russische anmutende Polkarhythmen treiben den "Pakt" an, während "Der Anker" ein zum Heulen schöner Poprock-Song ist, der durchaus Radioqualitäten hat.
Auf den Spuren von MANOWAR wandelt man danach bei "Geas Traum" - nicht musikalisch, sondern aufgrund der Zusammenarbeit mit dem deutschen Fantasyautor Wolfgang Hohlbein, der Song lehnt sich inhaltlich an dessen neuen Roman "Infinity - Der Turm" an, was sicherlich gute Werbung für beide Seiten darstellt. Der Song selber geht in Ordnung, ist aber kein Highlight auf "Traumtänzer" und wirkt irgendwie ziellos. Im Gegensatz zu "Assassine", in dem man das beliebte Thema der geliebten Frau, die der Hexerei bezichtigt wird, wieder mal aufgreift, der tolle Song ist wiederum klassisches SCHANDMAUL-Material. Zum Ende hin wird es dann ruhiger, zunächst mit "Halt mich", bei dem auf Konzerten alle Pärchen innig kuscheln werden, dann folgt das textlich amüsante "Des Dichters Segen", bevor man mit der introvertiert wirkenden Ballade "Mein Lied" den Vorhang fallen lässt.
Das FAZIT ist schnell gezogen: "Traumtänzer" ist vielleicht nichts das beste SCHANDMAUL-Album, ist aber mit sovielen potenziellen Live-Krachern und zukünftigen Band-Klassikern gespickt, dass man sich auf die anstehende Tour wirklich freuen darf.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.01.2011
Matthias "Hiasl" Richter
Thomas Lindner
Martin "Ducky" Duckstein, Thomas Lindner
Stefan Brunner
Brigit Muggenthaler-Schmack (Dudelsack, Flöten. Schalmeien), Anna Katharina Kränzlein (Violine, Viola, Drehleier)
F.A.M.E. Recordings
55:57
28.01.2011