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Sean Filkins: War and Peace & Other Short Stories

Stil: Progressive Rock

Cover: Sean Filkins: War and Peace & Other Short Stories

Gleich zu Beginn die Melodie des Hymnus' "Jerusalem" als Intro deutet schon auf die Respektlosigkeit hin, die BIG BIG TRAINs ehemaliger Sänger SEAN FILKINS an den Tag legt. Dies passt zu seiner einstigen Hauptband, dem Roster seines Labels sowie der immer leicht neben der erwarteten Genrespur liegendenen Musik, die er fabriziert.

Wie wundersam, dass nach dieser verheißungsvollen Einleitung fast programmatische Stilkost auf der Karte steht. "The English Eccentric" langt bisweilen kräftig in die Saiten, doch im Mittelpunkt steht neben dem saftig angezerrten Chris-Squire-Bass von Dave Meros sowie zweckmäßigen Orgeln eindeutig die Stimme des Protagonisten. So geriert SEAN FILKINS sich einmal mehr als klassischer Singer-Songwriter, wiewohl im ausgedehnten Kontext seines eher epischen Steckenpferdes. Wie die durchaus vergleichbaren SPOCKS's BEARD - speziell in der Post-Morse-Phase - bietet der Künstler mindestens zwei Megatracks feil, die erst nach rund zwanzig Minuten verschnaufen. "Prisoner Of Conscience, Part 1" beginnt zunächst nahöstlich-soundtrackhaft, ehe FILKINS folkloristisch an YES gemahnt, gerade ob der Gesangsarrangements. Das soldatische Innenleben, die Gewissensbisse eines Kämpfers kehrt der Text so deutlich hervor wie die Umsetzung, denn von harten Ausschlägen bis hin zu versonnenen, entspannten wie dramatischen Momenten ist hier alles abgedeckt, wobei FILKINS einen definitiven Höhepunkt anstrebt. Der zweite Teil mutet seinem Titel zum Trotz nicht einfacher an, verschiebt thematisch jedoch den Blickwinkel und klingt stringenter, was Rhythmik und Motivik betrifft.

Der Fünfteiler "Epitaph For A Mariner" braucht ganze fünf Minuten, ehe er so richtig aus den Puschen kommt, und weitere fünf bis zum ersten Stimmeinsatz. Generell bei allen Tracks sollte man FILKINS' Lyrics aufmerksam lesen, denn sie sind es wert. Hier sieht man den vermeintlichen Seefahrer geradezu im Wind über den Wogen thronen, derweil sein Haar um den hochgestellten Kragen flattert - aber immer daran denken, dass Klischees dazu da sind, hinterfragt zu werden. Dazu passt der recht kompakte Abschluss "Learn How To Learn" nicht nur inhaltlich, sondern gleichfalls mit überraschend psychedelischen Elementen gen Ende.

FAZIT: SEAN FILKINS spielt Neo-Prog - klar zu verorten, aber dennoch nicht allzu strengen Stereotypen verhaftet. Im Gegensatz zu seinem Hauptbetätigungsfeld vermag er es hier, sich langatmig auszudrücken und dabei nicht selten verschroben, immerzu aber stringent aufzuspielen. "War and Peace & Ohter Short Stories" besitzt eine selbst für dieses auf Ewigkeit bestehende Genre außerordentliche Nachhaltigkeit, ist also kein unernster Zeitvertreib eines Hyperaktiven.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.05.2011

Tracklist

  1. Are You Sitting Comfortably
  2. The English Eccentric
  3. Prisoner Of Conscience, Part 1, The Soldier
  4. Prisoner Of Conscience, Part 2, The Ordinary Man
  5. Epitaph For A Mariner:
  6. Part 1. Sailors Hymn
  7. Part 2. Sirens Song
  8. Part 3. Maelstrom
  9. Part 4. Ode To William Pull
  10. Part 5. Epitaph
  11. Learn How To Learn

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    Festival Music

  • Spieldauer

    68:38

  • Erscheinungsdatum

    15.04.2011

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