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Teeth Of The Sea: Your Mercury

Stil: Spacy Psychedelic Ambient Noise Conspiracy

Cover: Teeth Of The Sea: Your Mercury

Was meint der wahre Gralshüter abgefahrener Psychedelik, Krautrock-Experte und als Musiker selbst ein kleines chaotisches Universum, irrlichternd in dunkler Nacht, zu „Your Mercury“? JULIAN COPE sagt: „Brah-fucking-Vo! ALBUM OF THE MONTH”.
Was immer dies bedeuten soll, er hat vollkommen recht. Einen Longplayer und die „Hypnoticon“-EP haben TEETH OF THE SEA bereits vorgelegt, nun präsentieren sie mit ihrer zweieinhalbten Veröffentlichung ein funkelndes Meisterstück.

Und ein mysteriöses noch dazu. Weder im Presseinfo noch auf der CD-Hülle tauchen die Namen der beteiligten Musiker und ihre Instrumente auf. Stattdessen hauen die No-Names aus London einen glimmenden, flirrenden Monolithen voller Ecken und Kanten raus, der durch’s All gleitet, mal mit mächtigem Schub, dann wieder sanft schwebend und gelegentlich auf minimalistischen Wellen surfend. Gerade so, als hätten sich TANGERINE DREAM, KRAFTWERK und PHILIPP GLASS zusammen getan, um den Soundtrack zu David Lynchs Schlüsselfilm über Elektrizität nachzuspielen.
Oder wie es Band und Plattenfirma ausdrücken: „In the vein of: ENO: GOBLIN: EMERALDS: BUTTHOLE SURFERS: ASHRA TEMPEL: LIARS.“
Nun hat jemand, der Bezug auf GOBLIN nimmt, eh einen Stein im Brett bei mir, insbesondere wenn der Vergleich hinhaut, aber auch die anderen Verweise haben es in sich (wobei ich liebend gerne auf das fantastische aktuelle EMERALDS-Werk „Does It Look Like I’m Here“ hinweise); bloß das mit den LIARS sollte nochmal überprüft werden. Ich hätte eher HAWKWIND locker eingeworfen.

Aprops „eingeworfen“: „Your Mercury“ ist ein rauschhafter Trip in klarem Klanggewand, eine Collage, in der Gesprächsfetzen auf oszillatorische, ambiente Hintergrundsounds treffen, – ganz selten – gar industrieller Krach hervor bricht, und mit Schmackes abgehoben wird. Dazu gesellen sich verfremdete Trompetenklänge am Horizont, spinnenbeinige Spinettklänge; und wenn schon das Stichwort „Monolith“ fällt, natürlich auch kleine Kubrick-Hommagen, gerecht aufgeteilt zwischen „2001“ und „Shining“. Dass sich dazu noch Soundwälle auftürmen, die von schneidenden Gitarren zerfräßt werden – Rockerherz was willst du mehr…

FAZIT: Die Moderne und die Post. Das verträgt sich immer noch wunderbar, wenn die Boten so versiert, eindrucksvoll und enthusiastisch unterwegs sind wie TEETH OF THE SEA. Was in ungeschickteren Händen zu einer Ansammlung loser Teilchen werden könnte, gerät im Falle von „Your Mercury“ zu einer stimmigen und meisterlichen Big Bang Theory. Oder, um wieder zu King JULIAN zurückzukehren: „Diese großartige Band agiert komplett inmitten ihrer eigenen mythologischen Mind-Map“.
Superkalifragilistikexpialigetisches Album.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.04.2011

Tracklist

  1. Transfinite
  2. The Ambassador
  3. Cemetery Magus
  4. You’re Mercury
  5. Midas Rex
  6. A.C.R.O.N.Y.M.
  7. Mothlike
  8. Red Soil
  9. Horses With Hands
  10. Hovis Coil

Besetzung

  • Sonstiges

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Sonstiges

  • Label

    Rocket Recordings

  • Spieldauer

    46:47

  • Erscheinungsdatum

    22.11.2010

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