Irgendwie denkt man angesichts der Musik beziehungsweise Aufmachung des zweiten Albums dieser Allstar-Rotte an Sport-Sammelbildchen und aufgeschürfte Knie - also an all die heute als Zeitverschwendung angesehenen Kleinigkeiten, die die Kindheit so lebenswert gemacht haben. Bleibt diese in der Realität nicht wieder abrufbar, darf man sie sich zumindest bruchstückhaft mit "High and Inside" zurückholen.
"1976" orgelt im für eben dieses Jahr ordnungsgemäßen Pop-Stil daher. "Panda and The Freak" ist ein flotter Feger mit Rockabilly-Flair. Man achte hier auf die im vordergründig supereingängig wirkenden Gezuckel durchaus gewieften, hintergründigen Gitarrenschlieren - und auf die im hübschen Digipack ansprechend herausgestellten Lyrics sowieso. Die Ironiebrille setzen sich diese Veteranen erst gar nicht auf; wo andere die "good old times" verhohnepiepeln, schwingt bei THE BASEBALL PROJECT wahre Liebe mit. Wie das Porzellan auf der Coverrückseite bricht, so blicken THE BASEBALL PROJECT mit lachendem und weinendem Auge gleichermaßen aufs Themenfeld Nostalgie. Mit "High and Inside" schwitzen sie alles mit der Zeit überschüssig gewordene aus, um danach zur weitaus berechenbareren Tagesordnung überzugehen, die die Erwartungshaltung gegenüber ihren Hauptbetätigungsfeldern mit sich bringt. Speziell seit den früheren R.E.M.-Werken hat man keine bestechenden Indie-Hits wie "Don’t Call Them Twinkies" mehr gehört. "Fair Weather Fans" uh-uht vor Reflexionen über die eigene Vergangenheit. Linda Pitmon schwelgt hier mit, wie auch in "Look Out Mom". Wahrlich, die Alte wäre stolz auf ihre Kids …
"Chin Music" sowie "Pete Rose Way" streifen Country-Gefilde - ersteres weiterhin mit Knätschorgel im Hintergrund - und erfreuen ebenso wie das schwermütig verschlurfte "Tony (Boston’s Chosen Son)". "Twilight of My Career" klingt nach glattrasiertem NICK CAVE ohne Verbrecherambitionen, derweil "Ichiro Goes to the Moon" schmutzigen Power-Pop an die Wand klatscht, der fast zur frühen "Batman"-Serie passt. Zum Abschluss "Here Lies Carl Mays", das Baseball-Konzept auf dem Höhepunkt seiner Rührseligkeit: Wer hätte gedacht, dass schnöde Mannschaftsportarten die Gefühle derart ansprechen können?
FAZIT: Super-abwechslungsreiche Arrangements, multipler Gesang, Texte von Herzen und eine von musikalischer Abgeklärtheit ansprechend kanalisierte Unbekümmertheit zeichnen THE BASEBALL PROJECT aus. Ihr "Volume 2" darf definitiv weitere Sequels nach sich ziehen. Wer auch nur ein halbes Herz für tiefgründiges wie kompaktes Songwriting hat, muss hier reinhören.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.02.2011
Linda Pitmon, Steve Wynn, Peter Buck, Scott McCaughey
Linda Pitmon, Steve Wynn, Peter Buck, Scott McCaughey
Linda Pitmon, Steve Wynn, Peter Buck, Scott McCaughey
Linda Pitmon
Blue Rose
46:28
04.03.2011