Yeah, die wahnsinnigen Kanadier sind zurück. Fünf Jahre nach "In A Flesh Aquarium" veröffentlichen die Prog-Extremisten UNEXPECT ihr drittes Album unter dem Titel "Fables Of The Sleepless Empire". Zwar ist der Überraschungseffekt nicht mehr gegeben, wenn man die Musik dieser Band schon mal gehört hat, doch der schwindelerregende Exkurs in die Abgründe des musikalisch Machbaren ist erneut ein Parforceritt für Ohren und Geist geworden.
Erschien der Vorgänger noch bei Ascendance Records, so wird "Fables Of The Sleepless Empire" zunächst in Eigenregie veröffentlicht. Ob es noch zu einem Labelrelease kommt, ist derzeit nicht bekannt, hier und da findet man im Internet zwar die Angabe, dass das Album erneut über Ascendance auf den Markt kommt, doch die Band vertreibt es derzeit selber.
An der musikalischen Ausrichtung hat sich hingegen nicht viel geändert, man darf aber feststellen, dass UNEXPECT die Extreme weiter ausloten und ein bisschen mehr von allem in ihre Songs gepackt haben. Mehr Klassik, mehr Elektronik, mehr Pop, mehr Breaks - auf "Fables Of The Sleepless Empire" passiert so viel mehr, als man zunächst erfassen kann. Das hat zur Folge, dass man bei jedem Hördurchlauf neue, spannende Details entdeckt, die einem zuvor entgangen waren. Auffällig ist zudem, dass besonders die Gesangslinien von Sängerin Leïlindel interessanter und stärker geworden sind, zudem wird ihrer Stimme mehr Platz eingeräumt, als auf dem Vorgängeralbum. Herausragend ist erneut das, was Bassist Chaoth auf seinem neun-saitigen (!) Instrument vollbringt, zumal der etwas höhenlastige Sound dafür sorgt, dass nicht nur der Bass, sondern auch jedes andere Instrument im kontrollierten Chaos gut herauszuhören ist.
"Unsolved Ideas Of A Distorted Guest" startet recht andächtig, legt dann aber schnell auf die gewohnte Art und Weise los. Elektronische Elemente, Zirkusmusik und ein hohes Maß an Bombast machen die Marschroute schnell klar. "Words" beginnt zunächst eher getragen, geht nach der Hälfte jedoch in eine wüste Shred-Attacke über, während das bereits vor ein paar Monaten vorgestellte "Orange Vigilantes" mit recht eingängigen Passagen loslegt, die sich mit Prog-Abfahrten abwechseln. In diesem Song beeindrucken besonders die Gesangslinien und gelungene Klaviereinschübe. Im dramatischen "The Quantum Symphony" fallen erneut die Gesangslinien auf, dieses Mal durch ihre ungewohnte Poppigkeit, mit verfremdeten Stimmen und Drum'n'Bass-Beats sorgt man für Abwechslung. Vergleichsweise zugänglich (zumindest für UNEXPECT-Verhältnisse) erweist sich "Unfed Pendulum", während "Silence This Parasite" mit viel Bombast und Klassik-Elementen im Songwriting aufwartet. Davor und dahinter gibt es jeweils zwei-minütige Zwischenspiele, die aber ein bisschen überflüssig wirken. Zum Ende hin wird es bei "When The Joyful Dead Are Dancing" und dem nahtlos angrenzenden Outro-Song "Until Yet A Few More Deaths Do Us Part" etwas düsterer und auch härter als zuvor.
Diese Erläuterungen sind natürlich nur eine Aufzählung der auffälligeren Elementen in den jeweiligen Songs. Im Grunde genommen kann man zu jeder Nummer einen ganzen Absatz schreiben, doch das würde den Rahmen deutlich sprengen. UNEXPECT sind wahre Meister darin, ihre Songs so zu überfrachten, dass sie kaum greifbar sind, trotzdem ist man sich der Tatsache bewusst, dass jede Note genau so sitzen muss, wie sie sitzt. Man muss die Musik dieser Band einfach gehört haben, um das nachvollziehen zu können.
FAZIT: Wer die Band mit DREAM THEATER, OPETH und BIGELF bei der Progressive Nation Tour 2009 gesehen hat und Gefallen an dem scheinbaren Chaos, das die Band auch auf der Bühne verbreitet, gefunden hat, sollte die Bandhomepage ansurfen, um sich über die Bezugsmöglichkeiten für "Fables Of The Sleepless Empire" zu informieren. Wer bereits "In A Flesh Aquarium" mochte, kommt um dieses neue Fabelwerk eh nicht herum.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.08.2011
Chaoth
Leïlindel, syriaK, Artagoth
syriaK, Artagoth
ExoD
Landryx
Borboën (Geige)
Eigenproduktion
55:46
30.05.2011