"Halt die Fresse und verpiss Dich" - Mensch, die knallharten Typen von UNHERZ lassen sich aber echt nichts gefallen. Nur zu gerne lässt man sich in die "Ihr alle gegen uns"-Ecke drängen, aus der schon die BÖHSEN ONKELZ in ihrer erfolgreichen Zeit kolossal nervten. Eine Spur FREI.WILD und DIE TOTEN HOSEN dazu, und fertig ist die unheilige Allianz aus Pathos, Selbstbeweihräucherung und gespielter Verzweiflung über die ach so schlimmen und so rein gar nicht gewollten Anfeindungen.
Glücklicherweise sind UNHERZ bislang komplett an mir vorbei gerauscht, sonst hätte ich mich ja glatt angesprochen fühlen müssen von besagtem "Halt die Fresse", das die Band als Generalabrechnung mit der kritischen Presse oder sonstigen Nörglern formuliert.
Nicht, dass jetzt ein falscher Eindruck entsteht: Nicht alles auf "Herzschlag", dem zweiten Album des Quartetts, ist kompletter Müll. Es gibt ganz ordentliche Ansätze, einige Momente, in denen der Fuß mitwippt, insbesondere bei den schnelleren Songs, die tatsächlich eine musikalische Brücke zwischen den ONKELZ und den HOSEN schlagen. Es ist allerdings die unerträglich penetrante Stephan-Weidner-Gedächtnislyrik, die den Genuss von "Herzschlag" unnötig stark einschränkt. Alles dabei: gehasst, geliebt, weitergehen oder stehenbleiben, unsterblich, gemeinsam sind wir stark. Dazu die unvermeidlichen Vögelfantasien - fertig ist der ONKELZ-Tribut aus dem Prahlen-nach-Zahlen-Baukasten. Und auch musikalisch sind einige Passagen (inklusive Oooohooooohooo-Part) so schamlos nach Schema B. O. abgekupfert, dass chinesische Autodesigner einen Nachhilfekurs bei UNHERZ belegen könnten.
FAZIT: Ich würde es durchaus begrüßen, wenn es eine deutschsprachige Band schaffen würde, aus dem Schatten der BÖHSEN ONKELZ treten könnte. Aber bitte nicht, indem man die Onkelzschen Insignien wie eine Monstranz vor sich herträgt. Wobei vermutlich jede negative Presse der Band weitere Fans in die Arme treiben wird - bitte, meinen Segen haben sie. Zumindest knüpfen UNHERZ nicht an die inhaltlich Rechtsaußen-Frühphase der ONKELZ an. Insofern also kein Grund, ausfallend zu werden.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.08.2011
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43:23
26.08.2011