Oh, Herr Mühlmann hat einen Sampler zusammenstellen dürfen? Der Gedanke drängt sich bei "Blood Ceremonies" zumindest in zweifacher Hinsicht auf. Zum einen hat er ein paar Zeilen Linernotes zu dieser Kompilation verfasst, zum anderen finden sich zahlreiche Bands auf diesem Sampler, von denen man weiß, dass sie zu den Faves des Kollegen zählen. Und da er bekanntlich einen ganz ordentlichen Geschmack hat, ist "Blood Ceremonies" eine höchst interessante Angelegenheit geworden.
Ein umgedrehter Baum dominiert das Cover, das kupferfarbene Titellogo ist ein bisschen verschnörkelt, darüber prangt ein mystisch wirkendes Logo - schon die Aufmachung des Digipaks ist äußerst geschmackvoll. Im Inneren findet man dann zwei Scheiben: eine CD und eine DVD. Außerdem ein ebenfalls ansehnlich gestaltetes Booklet mit Bandfotos und Credits. Rein optisch macht sich "Blood Ceremonies" gut in jeder Sammlung.
Die CD bietet dann eine ordentliche Mischung, die zum größten Teil aus Death und Black Metal besteht - in verschiedenen Abstufungen und mit einer Ausnahme, die die Regel bestätigt, nämlich THE DEVIL'S BLOOD, deren Hit "Christ Or Cocaine" zu hören ist. Zwischen Geheimtipp und Szenegröße pendeln Acts wie OFERMOD (düsterer, schwerer Black Metal), NACHTMYSTIUM (Psychedelic Black Metal), NECROS CHRISTOS und SONNE ADAM, die beide Death Metal der finster-rituellen Art spielen. Mehr oder weniger klassischen Death Metal gibt es mit MORBID ANGEL ("Existo Vulgore" vom neuen Album), DEICIDE, FACEBREAKER (traditionell schwedisch) und den legendären BOLT THROWER, deren 13 Jahre altes "Mercenary" ausgesucht wurde. Auch Folk und Pagan Metal finden Berücksichtigung und zwar mit MOONSORROW und dem HELRUNAR-Hit "Älter als das Kreuz". Da der Sampler von AFM Records veröffentlicht wird, gibt es natürlich auch Bands aus deren Programm zu hören, nämlich die guten REV 16:8 mit kühlem Schwarzmetall und BYFROST, deren Vorbilder klar hörbar IMMORTAL heißen. BLUT AUS NORD stehen für experimentellen Black Metal, die beste Nummer auf "Blood Ceremonies" ist das rabiate "Reaping Death" von WATAIN.
Die DVD hat elf Videoclips und drei Audiotracks zu bieten und auch dabei finden nicht nur aktuelle Tracks Berücksichtigung. Für ihren 2009er-Song "Ov Fire And The Void" haben BEHEMOTH ein sehenswertes, schön finsteres Video mit filmartigen Sequenzen gedreht; PRIMORDIALs "Gods To The Godless" ist aus dem Jahre 2000 und in einer Liveversion in einem kleineren Club zu sehen. Im Video zu "Shatter" von TRIPTYKON dominieren unwirkliche, alptraumhafte Monochrom-Bilder, hübsch anzusehen ist auch der Clip zum eingängigen "Bring Me Victory" von MY DYING BRIDE mit seiner Reise in die Vergangenheit zu einem höchst verstörenden Abendessen mit der lieben Familie. Zu DISMEMBERs "Override Of The Overture" gibt es einen feurigen Liveclip von einem Open Air Festival, das schwarz-weiß-Filmchen von REV 16:8 zeigt eigentlich nur verfremdete Bilder der Band, wie sie vor einer alten Steinmauer spielt, ein typischer Promoclip also. Einen sehr professionellen Livemitschnitt von "Black Shining Leather" zeigt die Asseln von CARPATHIAN FOREST vermutlich in dem Krakauer Studio, in dem auch GORGOROTH ihre schwarze Messe aufgenommen haben. TAAKE sieht man ebenfalls live spielen, allerdings in deutlich schwächerer Qualität, der Song selber ist hörbar keine Liveversion. Wackelige Natur- und Friedhofsbilder zeigen DARKTHRONE in "Too Old Too Cold", NEGURA BUNGET schaut man zu, wie sie "Tesarul De Lumini" live spielen. Der düstere nachts-im-Wald-Film von HELHEIM zu "Dualitet Og Ulver" ist neben dem von REV 16:8 wohl der aktuellste der elf Clips.
Zum Schluss dann noch drei ungewöhnlichere Audiotracks: TODTGELICHTER laden mit ihrem urban-avantgardistischen Black Metal auf einen Kaffee ins "Café Of Lost Dreams" ein, während URFAUST sich mit ihrem eingängigen Schamanen-Metal jeglicher Beschreibung entziehen, musikalisch aber einer der Höhepunkte des ganzen Samplers sind. Mit ihrem theatralischen Heavy Metal fallen HELL musikalisch am weitesten auf dem Rahmen, stimmungstechnisch passt man jedoch gut zur finsteren Gesellschaft, in der man sich auf "Blood Ceremonies" befindet.
FAZIT: Edle Aufmachung, eine sehr gute, abwechslungsreiche und interessante Auswahl an Bands, Songs und Clips - "Blood Ceremonies" bietet fast drei Stunden angenehm dunkle Unterhaltung.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.11.2011
AFM / Soulfood
78:50 / 85:10
28.10.2011