Man muss schon ordentlich einen an der Waffel haben, um einen Sound wie die VICTORIAN HALLS aus dem Wolkenkratzerwald Chicago zu fahren. Diese klingen nämlich wie eine völlig pervertierte, überdrehte Form all der Disney-Plastikbands, die in den ganzen klinischen Teenie-Verdummungsfilmen á la „Camp Rock“, „High School Musical“ und ähnlich gelagerten Streifen und Serien den geschmackssicheren Musikfan verzweifeln lasen.
Noch etwas Krawall-Punkattitüde, Screamo, Elektro, PRIMUS-Wahn und ATARI TEENAGE RIOT-Anarchie runden den vergewaltigten Cheese-Pop von „Charlatan“ ab, und nicht zuletzt dank der völlig cool-beknackten Koksschlumpf-Fiep-Stimme des Mikrofoneurs Sean, welcher gerne auch mal den Vocoder an den Rand seiner Fähigkeiten treibt, droht der Tonträger vor lauter jugendlicher, frei werdender Energie zu explodieren. Doch so sehr das Quartett alles Mögliche durch den Kakao zu ziehen scheint, besitzt es die Fähigkeit, aus dem chaotisch-nervenaufreibenden Adrenalin-Endorphin-Overkill richtig gute Songs zu basteln, die hängen bleiben.
Der Fan sollte natürlich eine gewisse Offenheit für solch „jung“ wirkende Sounds mitbringen, und auch extrem hibbeligem Treiben sollte man nicht unbedingt abgeneigt gegenüber stehen, um VICTORIAN HALLS ertragen zu können – doch ist das gegeben, kann man ganz schön viel Spaß haben:
FAZIT: So panne, dass es schon wieder cool ist.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.09.2011
John Shotwell
Sean Lenart, Carlos Luna
Sean Lenart
Carlos Luna
Mike Tomala
Victory Records
39:48
19.08.2011