Vier der fünf Gesichter auf dem Cover von "Schattenspieler" dürften so manchem bekannt sein. Kein Wunder, denn WETO ist der Name der Band, aus der einmal SCHANDMAUL werden sollten. Die vier männlichen Schandmäuler haben WETO 2006 wiederbelebt und veröffentlichen nun das zweite Album dieses Nebenprojekts.
Da auch bei WETO Thomas Lindner am Mikrofon steht, ist allein schon vom Gesang her eine deutliche Ähnlichkeit zu SCHANDMAUL gegeben. Jedoch gibt es bei WETO keinerlei mittelalterliches Instrumentarium, die Musik, die irgendwo zwischen Rock und Alternative pendelt und auch mal in Richtung Neue Deutsche Härte schielt, hat statt dessen moderne tönende Synthies und Streicherarrangements im Angebot. Ansonsten ist die musikalische Herangehensweise eine ähnliche: die Songs sind kompakt, eingängig und kommen schnell auf den Punkt. Die Stimmung ist dabei teilweise recht melancholisch, bei den Stücken, die textlich etwas härter geraten sind ("Glaubst Du noch", "Krank", "Ausgebrannt") ist auch das musikalische Aggressionslevel angemessen hoch, ohne dass man allerdings erwarten darf, es hier mit einer Metal-Band zu tun zu haben.
Textlich ist bei WETO natürlich keine Märchenstunde angesagt, die Lyrics sind oft sozialkritisch, beleuchten persönliche Abgründe oder zeigen die Auswirkungen der modernen Gesellschaft auf den Menschen auf. Ein bisschen Zwischenmenschlichkeit darf nicht fehlen (und ist bei "Zwei Raben" besonders gut gelungen) und auch ein deutliches Statement pro Ausländerfreundlichkeit ("Orient und Okzident") ist zu vernehmen. Wie üblich sind Lindners Texte klar strukturiert und in einfache Worte verpackt, ohne aber in verkrampfte Reimerei abzudriften - das muss man auch erst mal hin bekommen.
FAZIT: "Schattenspieler" ist für SCHANDMAUL-Fans ein Pflichtkauf, denn WETO kann man durchaus als düsteren Zwilling bezeichnen. Wer hier allerdings Resteverwertung und B-Ware vermutet, liegt falsch, viel mehr gibt es hier die Musik zu hören, die nicht in den Kontext von SCHANDMAUL passen würde, aber gut genug ist, veröffentlicht zu werden.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.09.2011
Matthias Richter
Thomas Lindner
Martin Duckstein
Heiner Jaspers, Thomas Lindner
Stefan Brunner
F.A.M.E. / Sony
48:28
26.08.2011