Die Australier sind schnell und konsequent. Nicht mal ein Jahr hat es gedauert, bis der auf alte Melodic-Rock-Klänge eingeschworene Fünfer den Nachfolger seines selbstbetitelten Debüts präsentiert. Und mit dem belegen WHITE WIDDOW, wie entschlossen sie ihren ebenso abgewetzten wie lackierten Stiefel durchzuziehen gedenken.
Mit den ersten Tönen vom Opener "Cry Wolf" ist es dann auch gleich wieder am Start, das extrem auf 80er-Jahre eingepegelte Keyboard, das auch auf "Serenade" wieder die meisten Songs einleiten wird und zum grundfesten Bestandteil des Widdow-Sounds gehört. Auch wenn man bereits bei "Strangers In The Night" und ebenfalls in der Folge immer wieder mal kurz versucht ist, eine Kitschwarnung auszusprechen, kommt man dennoch nicht ernsthaft auf Idee, das Tun dieser Überzeugungstäter zu belächeln. Ihre Songs sind immer mit einer nachdenklichen Ernsthaftigkeit ausgestattet, die dem Album einen äußerst seriösen Anstrich verleiht. Oberflächlich klingt trotz der leichtfüßigen Ausrichtung daher auch nichts auf diesem 10-Tracker und wenn der Gitarrist sich trotz aller Fokussierung auf Eingängigkeit und Refrainstärke stets Zeit für kurze Soloausflüge nimmt, dürften auch die letzten Zweifel am musikalischen Können der Band behoben sein.
Déjà-vu-frei geht das natürlich auch diesmal nicht vonstatten, wenn einem dieses auch nicht mehr so häufig widerfährt, wie noch beim Debüt. So orientieren sich nicht nur die Gitarren und die Gesangsharmonien bei "Do You Remember" verschärft an DEF LEPPARD, bei "How Far I Run" sind die Keyboards wieder konkret auf "Jump" ausgerichtet, während sich der Refrain des eher balladesken Songs bis zum Boden vor JOURNEY verbeugt. Das Ergebnis hat auf jeden Fall extremes Hitpotenzial, was man aber auch getrost Nummern wie "Strangers In The Night", "Love Won't Wait" oder dem Titelsong attestieren kann. Und bei "Patiently" lässt man sich dann noch zu einem knapp sechsminütigen, kuscheligen Flug nach CHICAGO einladen.
WHITE WIDDOW mäandern sich also erneut durch die Hochepoche des geschliffenen Stadionrocks. Dabei klingen sie insgesamt amerikanischer, aber auch eigenständiger als auf ihrem Debüt und schaffen es durch ihre hochprofessionelle Ausführung und den Nachdruck, mit dem ihre Songs ausgestattet sind, äußerst glaubwürdig und authentisch rüberzukommen.
FAZIT: Man kann sich an die Jungs aus Melbourne und ihren frisch aufgewärmten Sound wirklich gewöhnen. Ihr Zweitwerk ist gespickt mit ebenso 'altem' wie hochwertigem AOR und taugt bestens zur Einstimmung auf einen nostalgischen Videoabend mit guten wie bösen Jugenderinnerungen, die Titel haben könnten wie "Footlose", "Zurück in die Zukunft", "Ferris macht blau", "L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn"...
Okay, die cineastischen Meisterwerke kann man zur Not auch weglassen, denn früher war ja schließlich nicht alles besser.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.09.2011
Trent Wilson
Jules Millis
Enzo Almanzi
Xavier Millis
Jim Naish
AOR Heaven
45:36
23.09.2011