Britenblues mit starker Mainstream-Kante: WILL WILDE macht schon mit dem Cover seiner neuen Scheibe keinen Hehl daraus, wem und was hier die Aufmerksamkeit gelten soll: Solokünstler auf Baumwollplantagen, aber immer schön frisch gewaschen.
"Angel Came Down" gibt einen balladierenden, gospeligen Einstand, der weniger WILDEs Mundharmonikaspiel als seine wunderbar warme Stimme hervorkehrt. "Waste My Life Away" mischt Funk mit klassisch bluesigem Refrain sowie den Harmonika-Spitzen des Frontmanns, wohingegen "No No No" im energetischeren Vortrag an den Opener gemahnt, genauer gesagt mit Klatschen, Damenchor und call-and-response-Passagen - ziemlich klasse und an den alten JOE COCKER erinnernd.
Auch "Always Be Around" und später "If I Get My Hands On You" bedienen sich völlig vorhersehbarer, klassischer Blues-Muster, wiewohl im schmissigen Uptempo und durchaus Broadway-tauglich, was nicht zuletzt an WILDEs knödeligen Vocals liegt. Zuletzt führt er mit Handgeblasenem aber wieder in eine rauchige Bar. Dort verbleibt er auch mit "H.L.S.", das jedoch textlich heraussticht: WILL WILDE spricht sich deutlich gegen Tierversuche aus, was in diesem Fall direkt auf die britischen Tester von Huntington Life Sciences abzielt. Man mag es dem Musiker als schlichtes Lippenbekenntnis ankreiden, doch andererseits klingt es gerade wegen seiner thematischen Abwegigkeit für eine klassische Roots-Platte grundehrlich, zumal speziell die lamentierenden Chöre ans Herz gehen.
Mit "Fly Around the World" hebt sich die Stimmung, wie auch "Wish You Were Mine" trotz textlicher Plattheiten durchaus positive Vibes ausschwitzt, woran die durchweg klaglose Performance der gestandenen Musker (unter anderem immerhin von Paul McCartney und Van Morrison angeheuert), aber auch die perfekte Produktion (Jamie Little und Mike Vernon) keinen geringen Anteil hat. Das langsam leidenschaftliche "Malaria" besitzt einen ob seiner Atmosphäre passenden Titel, und mit seiner Schwester Dani stimmt WILDE einen weiteren Anspieltipp an: "Blues Is My First Love" stellt alle Vorzüge des Barden heraus: Blues, Funk, saftige Orgeln und eine songdienlich eingesetzte Mundharmonika. Zusammen ergibt dies anhaltend ins Schwarze treffendes Blaumann-Material für den Mainstream, das ob seiner Aufrichtigkeit auch Nicht-Hardliner überzeugt.
FAZIT: WILL WILDE lässt wie in letzter Zeit ungewöhnlich viele Musiker aus Großbritannien den alten US-Blues wieder aufleben, statt der landestypischen Modifikation desselben zu frönen. Herausgekommen ist dabei ein weniger entfesseltes, dafür beseeltes Album, das teilweise wegen seiner Texte, auf jeden Fall aber mit Hinblick auf die dominante Mundharmonika ein gewichtiges Alleinstellungsmerkmal besitzt - von WILDEs feiner Stimme ganz zu schweigen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.09.2011
Roger Iniss
Will Wilde
Stuart Dixon
Pete Wingfield
Jamie Little
Will Wilde (harmonica)
Rock The Earth / Big Lake
50:24
30.09.2011