Dass WOLVES IN THE THRONE ROOM keine „normale“ Band sind, sollte mittlerweile ein offenes Geheimnis sein, sind die beiden amerikanischen Brüder doch Naturfreaks, leben auf einer Farm, sind Vegetarier, politisch klar links orientiert und liefern immer wieder überragende Black-Metal-Live-Shows ab, die einen spannenden Beitrag zum Thema „Bewusstseinserweiterung durch Musik“ liefern. So habe nicht nur ich auf dem holländischen Waldrock-Festival vor zwei Jahren erlebt, wie WOLVES IN THE THRONE ROOM es durch ihr infernalisches Gelärme schaffen, Soundwände aufzubauen, die plötzlich überirdisch dimensioniert sind, an Breite und Tiefe gewinnen und wieder kollabieren. Sehr abgefahren, noch dazu nüchtern erlebt und von einem Begleiter exakt genauso empfunden.
Nach diesem pseudospirituellem Outing aber jetzt flugs zur aktuellen Langrille namens „Celestial Lineage“ gewechselt, was – frei übersetzt – nichts anderes als „Himmlische Abstammungslinie“ bedeutet. Inhaltlich hat sich das erweiterte Duo mit dem Thema „Tempel bauen“ auseinandergesetzt, das sich wie ein roter Faden durch die für WOLVES-IN-THE-THRONE-ROOMsche Verhältnisse ungewöhnlich vielen Songs zieht. Der Opener „Thuja Magus Imperium“ knackt gleich die 10-Minuten-Grenze, beginnt mit einer einsamen Kirchturmglocke und setzt sofort mit todtraurigen Gesang von Jessika Kenney Akzente, die erste Gitarre fängt erst nach knapp 2 Minuten an zu rödeln, die ersehnten Blast-Beats noch eine Minute später. Ab da ist dann zunächst Alles beim Alten, das Geschredder besteht aus simplen, rasenden und effektiven Gitarren-Riffs in organischem Sound, die aber auffallend häufig variiert werden. Fantastisch ist die plötzlich in den Vordergrund drängende kreischende Gitarre, die genauso urplötzlich wieder verhallt und den Song verhalten ausklingen lässt. An diesen grandiosen Start anschließend, folgt ein kurzer ambienter Ausflug mit schamanenhaftem Männer-Gesang, der trotz Einfachheit gefangen nimmt und die traurig-rituelle Stimmung aufrechterhält, bevor es ansatzlos wieder in düstere Black-Metal-Gefilde geht.
WOLVES IN THE THRONE ROOM sind also hörbar um Abwechslung bemüht und versuchen die selbst auferlegten Genregrenzen, wenn nicht zu überschreiten, dann aber zumindest auszuloten. Hier macht sich die Kollaboration mit Jessika Kenney, die – wie auch schon auf „Two Hunters“ und bei SUNNO))) – ihren fantastischen emotionalen Gesang beisteuert, und Aaron Turner von ISIS bezahlt, der mit seiner Stimme die beiden kurzen Ambient-Ausflüge prägt.
Wenn man der Band etwas vorwerfen kann, dann die Tatsache, dass durch den Abwechslungsreichtum ein klein wenig der „Rote Faden“ des Albums verloren geht, da die entstehende Brüche zwischen – aber nicht innerhalb – der Songs recht offensichtlich sind. Daher wirkt „Celestial Lineage“ eben nicht wie aus einem Guss, das grundsätzlich erzeugte Gefühl – und davon hat das Album ohne Ende – leidet aber zu keiner Sekunde.
FAZIT: WOLVES IN THE THRONE ROOM verlassen mit „Celestial Lineage“ etwas die ausgetretenen Pfade, auf denen sie zuvor wandelten und liefern ein abwechslungsreiches und emotionales Album ab, das ihre Ausnahmestellung in der Black-Metal-Szene weiter untermauert. Ganz klar ein Favorit im Rennen um das „Album des Jahres“.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.09.2011
Aaron Weaver
Nathan Weaver, Jessika Kenney, Aaron Turner
Nathan Weaver
Aaron Weaver
Aaron Weaver
Southern Lord
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23.09.2011