Geht man nach dem Promozettel, könnte man ABIOTIC auch als Retro Doom-Band einstufen. Darin werden schüchtern-räsonnierende Statements der Band zitiert, die von einem frischen und doch vertrauten Sound, der Interaktion mit dem Universum und ähnlichem handeln. Dazu sortieren Metal Blade den Fünfer schlicht unter Heavy Metal ein.
In Wirklichkeit lässt das Geprügel auf „Symbiosis“ keinen Stein auf dem anderen und versinkt während der ersten Hördurchläufe im Chaos. Alle Nase lang wird der Rhythmus geändert und von oberflottem Thrash über Ultrablast bis Nintendo Metal alles für einige Takte angezappt. Zwei Brüllstimmen sorgen reichlich effektbeladen für blutige Ohren, und wenn die Gitarristen sich nicht in Arpeggien suhlen, malträtieren sie in markigen Death Core-Breakdowns ihre tiefe H-Saite, bis die Hose platzt.
Vielleicht ist „Metamorphilia“ auch einfach ein schlechter Opener, denn er zeigt, wie man auf den immer breiter werdenden Pfaden des Extrem-Metal nur profillose Fußabdrücke hinterlässt: Nichts wiederholt sich (ja, so etwas kann bei guten Ideen erwünscht sein!), die Breakparts hecheln denen von BENEATH THE MASSACRE in Sachen Durchschlagskraft und Ohrwurmfaktor meilenweit hinterher. Dazu sorgt ein gesanglicher Dialog zwischen Donald Duck und einem Staubsauger für unerwartete Heiterkeit. Leider misslingt es den jungen Amis aus Florida auch im weiteren Verlauf immer wieder, ihre Kreativität in ansprechenden Songs zu bündeln.
Im Laufe der Zeit entdeckt man in dem rhythmischen Sperrfeuer aber auch Perlen, wie „Vermosapien“ oder das mit langen Instrumentalpassagen im Dampfwalzentempo daherkommende „Conquest Of Gliese“, und stellt fest: Das Quintett ist nicht zwingend auf das alte Strophe-Refrain-Schema angewiesen, um nachvollziehbar zu klingen. In den genannten Songs fließen vielmehr Teile ineinander, die die anfängliche Stimmung aufgreifen, weiterführen und transformieren. Der entstehende Spannungsbogen ist trotz aller Technik ein organisches Naturprodukt. Weitere emotionale Tiefe erhält die Musik, wenn ABIOTIC den jazzig anmutenden Melodien Raum zur freien Entfaltung geben. Häufig geht damit ein halber Tacho an Geschwindigkeit drauf, was aber auch die bisweilen überzogene Hysterie der Jungs bremst. Und erst dann fängt „Symbiosis“ richtig schön zu meucheln an.
FAZIT: Eine weitere technisch und musikalisch hochtalentierte Band also, die hier ein erstes größeres Lebenszeichen aussendet. „Symbiosis“ wird die volle Aufmerksamkeit allerdings erst dann lohnen, wenn es ABIOTIC gelingt, die Austauschbarkeit der Teile zu unterbinden und konsequent Struktur in ihre Musik zu bringen.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.11.2012
Alex Vazquez
Ray Jimenez
Jonathan Matos, Matt Mendez
Andres Hurtado
Metal Blade Records
43:08
19.10.2012