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Adrian Benavides: Same Time Next Life

Stil: Art Rock

Cover: Adrian Benavides: Same Time Next Life

Der in Texas ansässige Musiker, Produzent und Maler BENAVIDES entstammt dem weiten Dunstkreis von KING CRIMSON beziehungsweise deren vielfältige Ableger um Pat Mastelotto und Tony Levin. Von dort aus ist es auch nicht weit zu den avantgardistischen Klängen von Touch-Guitar-Spezialist Markus Reuter (CENTROZOON), der den Macher auch auf diesem Debüt unterstützt hat.

Dabei leistet BENAVIDES vor allem Seelenarbeit für sich selbst: „Same Time Next Life“ entstand im Zuge des Verlusts seiner Tochter, die tot geboren wurde. Der Opener „Impulse Response“ beschreibt den Moment, als das Kind ohne Herzschlag auf die Welt kam, bereits textlich auf haarsträubende Weise:

„All I want is my child / Just to look in your eyes / Just to know you're alive / I'll just go through the motions / With the tears in my eyes / I can pretend you're alive“

Musikalisch handelt es sich bei dem neunminütigen Stück um einen bleischweren Riff-Boliden, der abseits dieser herben Worten auch auf frustrierte Wut schließen lässt. Ausdruck findet diese in elektronischen Störgeräuschen und der teils rauen, teils sphärisch unterlegten Stimme des Künstlers, womit er eine hypnotische Wirkung erzielt, nicht zuletzt wegen des eingängigen Refrains.

„Grit [Digging]“ ist eine ähnlich kalte und mechanisch anmutende Klangkulisse, wie man sie auf dem bislang letzten KING-CRIMSON-Album „The Power To Believe“ hören konnte, denn Mastelottos Spiel prägt den Soundscapes und Fieptönen, mit denen BENAVIDES' Stimme unterlegt wird, einen deutlichen Stempel auf. Der Text setzt sich mit dem Gefühl des Alleinseins auseinander, das Hinterbliebene unweigerlich empfinden müssen, da sich kaum jemand in ihre Situation hineinversetzen kann. Nach der Hälfte der zwölf Minuten nimmt der Song eine Wendung und vermittelt mit klagendem Gesang unverhohlen Trauer. Ein „You … love“, das am Ende wie von einer springenden Schallplatte wiederholt wird, verstört den Hörer zutiefst.

„Reflection II“ bietet dafür Ambient-Kontrastprogramm: Loops und Touch-Guitar im Duett verbinden sich mit glockigem Klingeln zu einer Art von abgründigem Wiegenlied, auf das mit „Exterior Of A Heart“ der mithin energischste Song des Albums folgt. BENAVIDES singt von perkussiven Geräuschen und schlängelnden Riffs befeuert besonders melodisch, wobei eine verhalten erbauende Stimmung entsteht. Der Verarbeitungsprozess scheint im vollen Gange zu sein, unterbrochen von steten Rückschlägen, die sich musikalisch in leichten Dissonanzen ausmachen lassen.

„Reflections III“, das längste Stück der Scheibe, ist wie sein Vorgänger gänzlich instrumental gehalten und lehnt sich zunächst auch an diesen an. Bald jedoch steuert Mastelotto einen ungewohnt minimalistischen, straighten Beat bei, sodass der Track einen wippenden, fast beschwingten Charakter erhält, wiewohl das Brodeln, Gluckern und Zischen unter der Oberfläche andauert. Im Gegensatz zur ersten Hälfte von „Same Time Next Life“ tönt BENAVIDES nun aber deutlich wärmer.

Im abschließenden Titelstück stellt ein Vierton-Motiv, unisono gespielt von mehreren tief tönenden Instrumenten, den Unterboden bereit, auf welchem sich synthetische Melodie-Fragmente überlagern und eine entrückte Geige erklingt. Diese setzt dem Bass-lastigen Sound einen Kontrapunkt und sorgt für eine weitere menschliche Komponente in diesem vordergründig abstoßenden, aufwühlenden Konstrukt, das zu gleichen Teilen als Klangreise und Song-Album betrachtet werden darf.

FAZIT: ADRIAN BENAVIDES veröffentlicht mit „Same Time Next Life“ ein in Sachen neuer Sounds seinesgleichen suchendes Album mit tiefsinnigem Industrial Rock, zu dem sich garantiert nicht tanzen lässt – Maschinenmusik für Denker und Fühler gewissermaßen.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.05.2012

Tracklist

  1. Impulse Response
  2. Grit [Digging]
  3. Reflection II
  4. Exterior Of A Heart
  5. Reflection III
  6. Same Time Next Life

Besetzung

  • Bass

    Adrian Benavides

  • Gesang

    Adrian Benavides

  • Gitarre

    Mike Day, Markus Reuter, Adrian Benavides, Alex Dowerk

  • Keys

    Adrian Benavides

  • Schlagzeug

    Eoghan McCloskey, Pat Mastelotto

  • Sonstiges

    Annette Garza (Geige)

Sonstiges

  • Label

    Unsung Records

  • Spieldauer

    51:07

  • Erscheinungsdatum

    20.04.2012

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