Ja, der Name BIERTRAS ist tatsächlich eine Kombination der beiden Begriffe "Bier" und "Ultras". Kann man lustig finden, muss man aber nicht. "Herzblut" ist das zweite Album der Skinheads aus Sachsen und in der Redaktion wurde lange diskutiert, ob wir die Platte bei uns besprechen oder nicht. Googelt man nach dem Bandnamen, so findet man schnell Statements, die die Band in der Grauzone verorten und ihr eine gewisse Rechtsoffenheit attestieren. Allerdings erscheint "Herzblut" weder auf einem fragwürdigen Label (sondern bei der Firma der KRAWALLBRÜDER), noch bieten die Texte der Songs auf dem Album irgendeinen Anlass zum Boykott und nicht zuletzt ist klar, dass die zuständige Promofirma uns niemals mit rechtem Dreck bemustern würde.
Das Bandfoto mit 80% Skinheads sieht martialisch aus und in der Tat sind die BIERTRAS der nichtpolitischen Oi!- und Skinhead-Szene zuzurechnen und machen einen entsprechenden Sound, der deutlich mehr Punk ist, als der derzeit sehr angesagte Deutschrock. Oder anders gesagt: die BIERTRAS klingen erfreulicherweise nicht wie eine Onkelz-Kopie. Dafür, dass die Band sich erst 2009 gegründet hat, klingt die Musik auf ihrem zweiten Album erstaunlich ausgereift. Nicht sonderlich innovativ, aber spielerisch ohne größeren Makel und mit ansprechendem Songwriting ausgestattet, rocken sich die vier Glatzen plus einer mit Haaren energisch, spielfreudig und authentisch durch die zwölf Songs. Die Gitarrenarbeit überzeugt mit gelungenen Licks und Leads, die oft einen angenehm melancholischen Unterton haben, der Basser hat hörbar Talent und Sänger Heino eine passende, raue Stimme, die er sicher einsetzt. Die Produktion könnte noch etwas dreckiger sein und mehr knallen, aber das ist nur ein kleiner Makel.
In den Songs ist die Band zumeist recht zügig unterwegs, die Nummern sind nach Standardschemata komponiert und kommen schnell auf den Punkt. Eingängig, aber nicht anspruchslos und mit einprägsamen Singalongs und Refrains ausgestattet, bewegen sich die Songs auf einem gleichbleibenden, ordentlichen Niveau, für höhere Weihen würden allerdings ein, zwei richtige Genrehits nicht schaden. Aber auch ohne die macht "Herzblut" durchweg Spaß, was auch an den Texten liegt. Teilweise mit reflektiver Selbstkritik sind Songs wie "Man sagt" oder "Auf Messers Schneide Part 2" entwaffnend ehrlich. Weitere, teilweise übliche Themen: die Skinhead-Kultur an sich, die in Deutschland immer noch vorherrschende Ost-West-Differenzierung in "Der eiserne Vorhang" (dass hier die deutsche Nationalhymne kurz angespielt wird, ist nicht unpassend und kein Grund, die Band nach rechts zu schieben), der Knast, Beziehungskram, Religion und das immer funktionierende Sex, Drugs & Rock'n'Roll. Dass es keinen Song über Fußball gibt, mag da schon fast überraschen.
FAZIT: Musikalisch überzeugend, inhaltlich unzweifelhaft und authentisch, setzt das Album den Titel "Herzblut" gekonnt um. Da kann man dann auch über den strunzdoofen Bandnamen hinwegsehen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.11.2012
Bartschi
Heino
Tony, Kochi
Thomas
KB / Cargo
52:00
30.08.2012