Vier lange, lange Songs verzeichnen die Portugiesen BLACK BOMBAIM auf ihrem zweiten Album, das mit zahlreichen Gästen auftrumpft, in seiner klanglichen Gestaltung allerdings relativ einheitlich anmutet.
Dies bedeutet umgekehrt nicht, dass das Ensemble seine Soundpalette beschränkt und sich nur des Effekts wegen gegenseitig abklatscht. Da die meisten Mitstreiter ohnehin nur Insidern bekannt sein dürften, verbietet sich ein solcher Vorwurf von vornherein. Die schwerfällige Instrumentalmusik des Kerntrios ist stilistisch eindeutig zwischen Doom, Stoner und Space Rock zu verorten, wobei der improvisatorische Charakter einerseits in den allgemeingültigen Songtiteln Ausdruck findet, andererseits aber nicht zwangsweise Zerfahrenheit nach sich zieht.
Im ersten Stück „A“ (die Buchstaben stehen für die Vinylseiten) gesellt sich Noel Harmonson von COMETS ON FIRE hinzu, ferner Adolfo Luxúria Canibal von den Avant-Rockern MÃO MORTA (Album „Nus“ von 2004 anchecken) sowie Jorge Coelho, ein weiterer Strippenzieher der südeuropäischen Underground-Prog-Szene, gemeinsam mit Singer-Songwriter João Pereira, der hier vermutlich die leiseren Töne beisteuert. Ansonsten fließt heißes Blei, wenn die Rhythmusgruppe nicht gerade den Funk hervorkehrt. BLACK BOMBAIN wenden keinen neuen Kniff an, wenn sie über 20 Minuten hinweg auf einen sonischen wie atmosphärischen Höhepunkt hinarbeiten, doch die verschiedenen Stimmen fließen so glänzend ineinander, dass der Track eine durchweg spannende Sache bleibt.
Für „B“ flicht Tiago Jónatas vom Ambient-Projekt SURYA EXP DUO unheilvolle Windgeräusche ein, wozu sich die Saitenfraktion Zeit lässt, Bilder von natürlicher Weite in Töne zu gießen. Der allgemeine Tenor ist düster, wozu die Orgel ihren Teil beiträgt, ehe der Song eine Menge Tempo macht. Wo in dem dräuenden Wust Guilherme Canhão von den lärmigen Post Rockern LOBSTER (empfehlenswert: „Sexually Transmitted Electricity“) zu hören ist, weiß der Teufel. Höhepunkt auf „Titans“ ist zweifellos „C“, zu dem neben HOWLIN' RAINs Isaiah Mitchell kein Geringerer als STOOGES-Saxofonist Steve Mackay den Marsch bläst. Hier versprüht die Combo einen Hauch von KINGSTON WALL oder SOFT MACHINE ohne Jazz, was auch die besonders sachten Parts bedingen.
Das kürzeste Stück „D“ fällt zugleich am dramatischsten aus, und bei dem langen Solos erkennt man mittlerweile eindeutig, wann der hauptamtliche Gitarrist spielt, denn sein Stil ist zwar wenig originell, aber recht markant. Seine motivische Sprache mutet insofern ein wenig beschränkt an, als er ausgiebigen Gebrauch von Bendings macht und wie nicht wenige seiner Zunft im engen Anfänger-Blues-Korsett steckt. Am massiven, fast überwältigenden Gesamteindruck der Scheibe ändert dies jedoch nichts.
FAZIT: Mit „Titans“ ist BLACK BOMBAIM ein passend betitelter Monolith für Freunde von zähen Riffs wie Latin-Percussion, Weltraum-Schweben und Tiefseetauchen gelungen. Wer auf den Geschmack kommt, sollte im Übrigen auch den Vorgänger „Saturdays and Space Travels” verhaften; den gibt’s sogar gratis.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.10.2012
Tojo
Ricardo
Senra
Lovers & Lollipops / Eigenvertrieb
75:20
05.10.2012