Deathgrind, oder auch guter Wahnsinn, schlechter Wahnsinn, ist eine Sache, die tierisch in die Hose gehen kann. Wenn eine Band die Sache zu ernst nimmt und dann auch noch einen breiigen Sound hat, lärmt ein undefinierbares Stück Hektik und Technik aus den Lautsprechern. Da greift man sich vielleicht mal fassungslos an den Kopf oder zum Vorschlaghammer, aber irgendwann geht einem das stupide Getrümmer doch auf den Zeiger.
Bei Bands wie den Italienern CADAVERIC CREMATORIUM sieht die Sache anders aus. Die reagieren auf die Tatsache, dass selbst Metalfans das Genre als notorischen Krach abtun, mit Selbstironie, und setzen gern immer noch kaputtere und absurdere Teile hintereinander, als wollten sie dem Rest die Zunge rausstrecken. Ein bisschen so wie die Beschäftigten im Haus, das Verrückte macht, aus „Asterix erobert Rom“.
Bei „One Of Them“ macht dieser Wahnsinn bisweilen so viel Spaß, dass man vor Freude mit über den Kopf gezogener Unterhose über die Polstergarnitur hoppeln möchte. Wie so oft in diesem Genre wechseln sich Horrorfilmschnipsel und ähnlich merkwürdige Zwischenspiele (von denen das Ende von „Smiling And Farting“ dem Titel entsprechend das kurioseste ist) mit den zehn eigentlichen Songs ab. Die Herren wissen aber, wann des Blödsinns genug ist. So ist das atmosphärische „Gamma“ sogar eine gelungene Vorahnung des Leads von „The Protected“.
Die tatsächlichen Songs sind zwar für Grindcoreverhältnisse unerhört lang, dafür aber bis zum Bersten mit einfallsreichen Riffs gefüllt. Die schnellen Nummern wie „Smiling And Farting“ oder „Supercharged Sun“ können dabei restlos überzeugen. Hier werden spätestens alle zehn Sekunden Rhythmus oder Riff gewechselt, von denen CADAVERIC CREMATORIUM seit ihrer Gründung 1996 einen schier unerschöpflichen Vorrat angelegt haben. Größtenteils in bester Death-Qualität mit hohem technischen Anspruch, zwischendurch aber auch mit sicken Einwürfen wie Basssolos oder einem klassischen Jazzteil in „Zombies Will Dominate“. Die Vocals decken von hysterischem Kreischen bis Staubsaugergrowls in der Art der tschechischen Krankenpfleger von SANATORIUM alle Möglichkeiten exaltierter stimmlicher Lautäußerungen ab.
Ihre Allroundqualitäten stellen CADAVERIC CREMATORIUM schließlich in den langsamen Passagen wie bei „The Mutant“ unter Beweis. Das ist keineswegs mehr nur Geblödel, sondern richtig bedrohlich und dazu noch so knackig gespielt, dass man damit vor allem live für überraschten Beifall sorgen dürfte. Kein Wunder also, dass der Vierer schon NAPALM DEATH, SUFFOCATION und NECROPHAGIST eröffnen durfte.
FAZIT: Astreinen, ideenreichen und sauber produzierten Deathgrind servieren CADAVERIC CREMATORIUM auf ihrem vierten Longplayer. Aufgrund des anspruchsvollen Songaufbaus, der ein geordnetes Chaos erzeugt, für alle Metal-Extremisten empfehlenswert.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.07.2012
Necrom
Dr
Willi
Gerro
The Spew/Punishment 18
43:27
04.05.2012