In der Vergangenheit haben sich vor allem die Engländer durch ausgeprägten Lokalpatriotismus hervorgetan, wenn es ums Pushen „ihrer“ Bands als Gottes Geschenk an die Musikwelt ging. Finnland schließt im anhaltenden Hype um Gitarrenmusik rasch auf, und CARMEN GRAY sind so ein Beispiel; außerhalb der Heimat darf man ihren radiofreundlichen Rock unter ferner liefen einordnen.
Das Quintett klingt mitunter wie handzahme GUNS N' ROSES, grauenhaft penetrant auf Eingängigkeit getrimmt. Wie passend, dass „Roses“ mit Fistel-Chören daherkommt, wobei Sänger Nicklas in seinen besten Phasen näselt wie Axl. Für den Wave bis Gothic Pop von „It's Only Love“ wären sich HIM hingegen zu Schade, beziehungsweise Ville und Konsorten würden die Gitarren kräftiger zupacken lassen.
„Real Punks“ (zu Recht „Plastic Smiles“) rangiert irgendwo zwischen Disco (Arschwackel-Groove, Frauengesang) und Stadionrock (Refrain). „Bei Love Story Town“ weiß man angesichts der Zeile „every movie needs a guy that will get screwed“ nicht, ob man lachen oder weinen soll, und „Demolition Lady“ oder „Heroes And Losers“ sowie „Not Suprised“ sind glatte Durchrutscher die die Scheibe noch weiter nach unten ziehen. „Waiting For The Sun“ andererseits gerät schmissig mit Cheerleader-Chören und Tempo, tönt aber immer noch scheißfreundlich. Mantrische, im Sinne der Achtziger wiederholten Minimal-Melodien, die gleichwohl zu selten vorkommen, sind per se etwas Feines, aber die Glam-Kante von CARMEN GRAY wirkt insgesamt dermaßen abgeschmirgelt, dass man sich in all seinen Vorurteilen neuer finnischer Rockmusik gegenüber bestätigt sieht.
FAZIT: Perfekt inszeniert, aber zahnlos, jugendlich, aber behäbig und gefühlte tausend Jahre alte Allgemeinplätze anpeilend – so lässt sich „Gates Of Loneliness“, ein Album zwischen Pop und bloßen Rock-Gesten, auf einen Beschreibungsnenner bringen. Vielleicht hätten THE RASMUS in den Achtzigern so geklungen, aber das macht weder sie noch CARMEN GRAY interessanter.
Punkte: 5/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.05.2012
Pete
Nicklas
Lappe
J.J.
O.J.
Gray Music / BMG
35:10
27.04.2012