Mit dem letzten Album hat die Band aus der Bay Area bereits angedeutet, wohin die Reise gehen mag, und mit „Zoo“ gehen die Herren zwar den erwarteten Schritt, der allerdings ist unerwartet große. Vom Krawall-Prügel-Hardcore, der gerne auch mal gen Powerviolence abgedriftet ist, aber auch mit oftmals jähen Wechseln gespickt war, ist auf „Zoo“ absolut nichts mehr vorhanden.
Die facebook-, twitter- und myspace-Verächter scheren sich kein Stück um irgendwelche Szenekodizes, Selbstdarstellungen oder dergleichen, stattdessen sind sie mit ihrem entwicklungstechnischen Verhalten mehr Punk oder Hardcore als so manch andere Band, die sich das plakativ auf die Fahnen schreibt.
Mittlerweile haben sich die Songlängen beinahe verdoppelt, die Stücke bewegen sich in abwechslungsreich angelegten Midtempi, und musikhistorisch bewegen sich CEREMONY bis zurück in die Siebziger. Die SEX PISTOLS wirken gegen diesen Fünfer wie Chorknaben, so herrlich rotzig, abgeklärt und angepisst ranzt Fronter Ross Farrar in das Mikrofon, aber es wird mitnichten nur dem üblichen Britpunk gehuldigt. Nein, genau so verbeugen sich die Amerikaner vor BLACK FLAG, DEAD KENNEDYS, frühen SOCIAL DISTORTION, HÜSKER DÜ und THE CLASH. Und auch dieses Mal gibt es liebevolle Querverweise zu schrammeligen Alternative-Legenden wie SONIC YOUTH, MUDHONEY und vergleichbaren Kapellen, doch damit nicht genug, denn hier und dort streuen CEREMONY schweinecoole Surfgitarren ein. Bei „Hotel“ wagen sich die Jungs partiell sogar in Richtung melancholischer Singer/Songwriter-Kunst. TOM WAITS lässt lautstark grüßen.
„Zoo“ ist durch seine Melodiosität und die viehisch pulsierend groovenden, eingängigen Songs eine unerwartete Hit-Scheibe geworden, bei der es schwer fällt, den Hintern still zu halten, und gerade die oldschoolpunkigen Momente stehen dem frühen Geknatter in nichts nach, wenn es darum geht, den Agressionen freien Lauf zu lassen. Und mal ehrlich, das total gelangweilt vorgetragen erscheinende „Nosebleed“ ist durch seine herrliche Ätzigkeit doch erst so richtig fies, und das ist oftmals doch effektiver als Gekloppe auf die Zwölf.
FAZIT: Es scheint ganz gleich zu sein, in welche Richtung sich CEREMONY musikalisch entwickeln - jedes Mal erwartet den Hörer ein Album, das nach der Band selbst tönt, das phantastisch ist, das Arsch tritt. Ich glaube, selbst ein Unplugged-Album der Buben wäre asseliger und gemeiner als das lauteste und wütendste Hassprodukt so mancher Hochgeschwindigkeits-Punks und Hardcore-Vertreter.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.03.2012
Justin Davis
Ross Farrar
Ryan Mattos, Anthony Anzaldo Jr.
Jake Casarotti
Matador
36:28
02.03.2012