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Channel Zero: Feed 'Em With A Brick

Stil: Metal

Cover: Channel Zero: Feed 'Em With A Brick

Wenn aufgelöste Lieblings-Bands zurückkehren, schleicht sich mittlerweile bei vielen in das initiale „Yippieh“ ein subkutanes Unwohlsein. Zu oft sind Bands, ob zwischenzeitlich aufgelöst oder nicht, in der letzten Zeit auf Nummer sicher gegangen und haben Alben veröffentlicht, die „den Fans das bieten, was sie (vermeintlich) hören wollen“. Dass FORBIDDEN, TESTAMENT, SLAYER, METALLICA, MAIDEN, FLOTSAM AND JETSAM und viele andere dabei oft in purer Redundanz veröden, scheint vielen nicht aufzufallen. Und das, obwohl sie alle schon Platten veröffentlicht haben, die das Puristische viel glaubwürdiger und intensiver darboten als die jüngsten Outputs oder sich später auf mutigen Alben stilistisch freischwammen und ihre eigene Stilschublade aufmachten (TESTAMENTs „Low“, FORBIDDEN s „Green“, FLOTSAM AND JETSAMs „Drift“).

Soweit das bekannte – und zugegeben leicht bittere – Lamento.

Bei CHANNEL ZERO liegt der Fall ein klein wenig ähnlich und doch völlig anders. Jedes ihrer Alben unterschied sich deutlich vom Vorgänger, war aber für sich genommen ein Meisterwerk. Auf den Alben drei und vier reichte es gar zur eigenen Stilistik; soviel zur Ähnlichkeit im Ablauf der Reunions. Es überrascht demnach nicht, dass „Feed ‘Em With A Brick“ wieder ganz anders klingt als das letzte Studio-Album, „Black Fuel“. Die Ausrichtung ist klanglich sehr viel mehr (moderner) Metal, vor allem die Steroid-Produktion von Logan Mader macht das Ganze ungemein voluminös und fett, eliminiert aber auch das direkte Element, das sich durch alle bisherigen Scheiben der Belgier zog. Hatte man auf älteren Scheiben stets den Eindruck, die Band stehe vor einem im Wohnzimmer, ist das Authentische im Klang dem typischen Ami-Breitwand-Kawumm gewichen, der ja Teile der Hörerschaft durchaus langweilen soll.

Hinsichtlich der musikalischen Unterschiede waren sich CHANNEL ZERO glücklicherweise zu schade, ein bloßes Retro-Konsens-Album aufzunehmen. Stattdessen regiert moderner, grooviger Metal auch hier, wobei die Stimme von Frank de Smeet van Damme unverändert phantastisch klingt. Die stilistische Ausrichtung ist zwar lange nicht so einzigartig wie auf den letzten Scheiben, wodurch das Ganze „gewöhnlicher“ wirkt, doch das ist nicht das Problem der Platte. Auch ein Genrealbum ohne Neuerfindung des Rades kann total geil sein. Nichts weniger als „total geil“ hat man natürlich als Fan erhofft, doch und leider ist das dann doch nicht eingetreten.

Um zu verstehen, welche Hypothek die CHANNEL ZERO für den überzeugten Fan heutzutage mitschleppen, muss man sich verdeutlichen, was alles für die Einzigartigkeit vergangener Tage verantwortlich war. Die Stimme, klar. Doch zeigt sich an der Umbesetzung an der Gitarre, dass zumindest der zweite Chef im Ring Riffmeister Xavier Caron war. Obwohl er seinen Stil mehrfach umstellte, schuf er immer Riffs, die genauso unauslöschlich im Hirn kleben blieben, wie die großartigen Gesangslinien. Da er gesundheitsbedingt passen musste, liefert nun Mike Doling (Soulfly, Snot) die Schädelspalter, aber genau das Spalten will nicht so recht klappen. Statt die Songs mit Göttergaben à la „Chrome Dome“, „Reptition“, „Testimony“, „Black Fuel“, Fool‘s Parade“, „Put It In“ oder, oder, oder zu signieren, spielt Doling wenig prägnante, vor allem durch den dicken Sound wirkende Standards, wodurch die Gitarre beinahe zur bloßen Vokal-Unternmalung im Sinne von Nightwish (wo das durchaus passen mag) verkommt. Das ist ein Jammer und kostet viel.

Schafft man es, sich von dieser Enttäuschung zu erholen und die Scheibe nicht sofort zur Seite zu legen, ergeben sich aber doch noch ein ganzer Haufen guter – nur eben nicht total geiler – Songs. Will man einzelne Stücke hervorheben, so gehen „Hot Summer“ und „In The City“ am schnellsten in die Birne, weil Franky hier seinen besten Arbeiten in Sachen Melodie am nächsten kommt. Stinker finden sich auf dem Album nicht, dafür haben es die gesetzten Herren immer noch viel zu gut drauf - durchgängiges Fußwippen garantiert.

Sollte man nun eine Empfehlung aussprechen, so fiele diese mehrteilig aus. Wer die Band noch nie gehört hat, wird vermutlich allein vom großartigen Gesang umgehauen werden. All denen sei gesagt: Kauft die Platte, sie ist gut. Und dann kauft alle anderen, die sind total geil.

An die Altfans hingegen geht dieser Rat: Kauft die Platte, sie ist gut. Aber seid nicht enttäuscht, vor allem wenn ihr Gitarren-Nerds seid – sie kommt nicht an die alten ran. Denn die sind bekanntlich - total geil!

FAZIT: Es ergibt sich ein wirklich gutes Album, das aufgrund des Gesangs klar nach CHANNEL ZERO klingt, mit einem anderen Sänger aber (erstmals in der Bandgeschichte) auch von einer ganzen Reihe anderer Bands stammen könnte. Es birgt durchaus das Potential, unter den Songs noch einige Grower parat zu haben, kommt jedoch durch das im Vergleich zu den alten Alben deutlich uninspiriertere Gitarrenspiel für den bandinternen Thron kaum infrage. Ganz egal, welche Scheibe man favorisiert.

Vorläufig 10, vielleicht später 11.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.05.2012

Tracklist

  1. Hot Summer
  2. Guns Of Navarone
  3. Electric Showdown
  4. Freedom
  5. In The City
  6. Angels Blood
  7. Side Lines
  8. Hammerhead
  9. Capitol Pigs
  10. Ammunition
  11. War Is Hell
  12. Ocean

Besetzung

  • Bass

    Tino DeMartino

  • Gesang

    Frank de Smeet van Damme

  • Gitarre

    Mike Doling

  • Schlagzeug

    Phil Baheux

Sonstiges

  • Label

    Graviton

  • Spieldauer

    48:58

  • Erscheinungsdatum

    01.06.2012

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