Self-made man, wörtlich genommen: der Australier Claude Hay komponiert nicht nur auf eigene Faust, sondern baut seine Instrumente selbst und hat im Alleingang ein Studio aus dem Boden gestampft. Müßig zu erwähnen, dass er auch auf seinem dritten Album, mit dem er sich nach bluesigen Anwandlungen wieder deutlicher dem Rock zuwendet, alle Fäden selbst in der Hand hält.
Wo der mit Awards bedachte Musiker zuvor noch mehr oder weniger alles im Alleingang einspielte, darf heuer die Rhythmussektion der Band CHASE THE SUN aus Sydney ran, gleichwohl Hay das letzte Wort hat, auch weil es sich um ein Konzeptalbum über seine persönlichen (Ab-)Neigungen handelt. Stilistisch steht es ganz im Zeichen der Siebziger, aber nicht bewusst auf retro getrimmt. „Don't Bring Me Down“ darf als so etwas wie ein Signaturstück bezeichnet werden, was dies betrifft, und da die Klangerzeuger zum Großteil Marke Eigenbau sind, besitzt „I Love Hate You“ einen sehr eigenen Sound, den man gleich wiedererkennt.
Das stampfende Titelstück zum Geleit sowie später auch „Where Have You Gone“ hypnotisieren mit einem Riff zwischen Bleizeppelin und Weißstreifen, dem der Gesang in nichts nachsteht, doch Hay kann auch flotter und lockerer, wie er gleich darauf beweist: „Good Times“ macht strukturell ebenfalls keinen Hehl daraus, dass sein Komponist penetranten Zugang in die Gedächtnisse potenzieller Hörer sucht, denn nicht nur der Klatsch-Rhythmus, sondern auch die von allem Ballast entschlackte Strophe-Refrain-Leier lässt diesen Schluss zu. „Stone Face“ steckt mit einem Bein (ungefähr kniehoch) im sumpfigen US-Blues mit leicht angezerrtem Slide-Spiel, das die Virtuosität des Barden erst andeutet.
Mit dem hittigen „Best Days“ und dem rasenden „Blues Train“ kehrt er sie vollends hervor, denn sein flinkes Fingerpicking auf der akustischen Gitarre ist eine rechte Schau, die von einem Text zwischen Wehmut und Kampfansage gekrönt wird. „Close“ rechnet weiter mit dieser Formel, bloß im Balladen-Modus ohne Rhythmusgruppe und mit Fistelstimme nebst dezentem Streicher-Einsatz, die sich mitunter auf ergreifende Weise bricht. Danach herrscht mit dem Hillbilly-Country-Groover „Narrow Mind“ Kontrastprogramm, wobei sich Hay zum Geschichtenerzähler geriert. Das BEATLES-Cover „Come Together“ modelt er ebenfalls in diesem Stil um, was angesichts der schnöden Wahl auch geraten war.
Die beiden letzten Stücke gehören zum Besten, was Hay bisher veröffentlicht hat: „Hound“ schleicht einher wie Tom Waits mit Eunuchenstimme und jagt mit Orgel beziehungsweise beseelten Solos Schauer über den Rücken, der Ausreißer „Turn It Up“ überrascht hingegen als fast moderner Funk mit Slap-Bass und schmatzender Klampfe – ein schillernder Abschluss für ein sowieso buntes Album, dem man den geographischen Hintergrund anhört: Outback-Blues mit echter Liebe zum Sound der frühen britischen Rock-Protagonisten.
FAZIT: Claude Hay ist kein Neuerer, aber ein Exot nicht nur hinsichtlich seiner unorthodoxen Einstellung zum Handwerkzeug, das er verwendet. Der klassische Rock mit Americana- und Blaumann-Bezügen auf „I Love Hate It“ hat eine eigene Kennung bei gleichzeitig gelungenem Rückgriff auf bewährte Muster. Wer den ewig breitbeinigen Yankee-Stoff leid ist, sollte es einmal hiermit probieren.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.11.2012
Eigenvertrieb
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19.10.2012