„Und ist der Ruf erst ruiniert, dann 'musiziert und textet' es sich ganz ungeniert!“
Getreu diesem leicht abgewandelten Sprichwort präsentieren sich die beiden Berliner Barden von DAS NIVEAU sogar live auf ihrer CD „Woniniwowa“ - zu gut Deutsch also „Wo nie Niveau war“, um zu beweisen, dass der Albumtitel nicht nur den Nagel auf den Kopf, sondern auch den extrem schlechten Geschmack im Hirn trifft! DAS NIVEAU ist die in MARTIN SPIEß & SÖREN VOGELSANG lebendig gewordene musikalische Antithese zum Bandnamen!
Allerdings möchte ich im Vorfeld meiner, verdammt noch mal subjektiven, Kritik feststellen, dass unter unseren Seiten sicher keine Verschwörungstheorien gegen diese Band erhoben werden, sondern nunmehr ich als dritter in diesem Redakteur-Bunde - genau wie meine beiden Vorkritiker - mit diesem Sinn von Humor nicht sonderlich viel anfangen kann. Und dabei glaubte ich doch immer, wirklich einen ausgeprägten Sinn für ebendiesen zu haben. Doch aus meiner Sicht ist der Unterschied zwischen Humor und musikalischer Peinlichkeit in etwa so groß wie der zwischen einer weihnachtlichen und einer Beischlaf-Bescherung. Auf solche Vergleiche kommt man unweigerlich, wenn man nur lange genug DAS NIVEAU hört oder sich beispielsweise dieses <a href=" http://www.youtube.com/watch?v=gbEhw2T4l2c" rel="nofollow">Video</a> von ihnen ansieht!
Wer allerdings Kunst in erster Linie über Fäkalsprache sowie schrägen Gesang mit akustischer Gitarrenbegleitung definiert und mindestens voller Leidenschaft sich als Publikum auch mal als „Ihr Ficker“ oder „Du Pimmelkopf“ titulieren lassen will, der ist mit „Woniniwowa“ bestens bedient. Und dass es verdammt viele Leute dieses Schlages gibt, ist an den beinahe 10.000 „Gefällt mir“-Anhängern bei facebook genauso gut erkennbar, wie in den mitunter bösartigen Kommentarzeilen-Diskussionen zum „Volle Album“ hier, „einem der wichtigsten Magazine der international angesehenen Musikpresse samt seiner hochqualifizierten Rezensenten“ (Originalzitat unter facebook von DAS NIVEAU zu unseren musikreviews.de), ausgebrochen sind.
Wenn DAS NIVEAU die Bühne betritt, dann scheint es nicht um gute Musik, sondern in erster Linie um permanente, wenig geistvolle, aber angeblich total lustige Zwiegespräche der beiden Barden untereinander zu gehen, die auf genauso permanente Weise immer wieder auf ihr Publikum eingehen und denen meistens „vorzuschreiben“ versuchen, wie sie zu reagieren haben, egal ob's ums Klatschen oder Mitsingen oder Texttitel- und Tonlage-Zurufen geht (Was dann als musikalische Improvisationsnummer bei „Das ekelige Tafelwasser“ komplett nach hinten losgeht!). Voller Verzweiflung suche ich bei dem Album auf einen Hinweis, dass es sich hier um eine Kabarett-Veranstaltung handelt – so in der Art Mario Barth und Guildo Horn rocken in einem Kasperle-Theater. Der eine quatscht und der andere spielt Gitarre und manchmal kommen beide sogar zusammen, mal oberhalb, mal unterhalb der Gürtellinie. Boah – das war jetzt ein echter Kritiker-Reißer!
Die DAS NIVEAU-Lieder sind ganz einfach und damit sehr leicht verständlich strukturiert – ein Reim jagt den nächsten, mal als Paar-, aber fast nie als Kreuz-Variante. Manchmal gelingen unseren Barden dabei auch ganz lustige lyrische Ausflüge und bei „Lieder übers Vögeln“ konnte ich sogar mal richtig lachen. Nur dieses Lachen bleibt einem spätestens ein paar Minuten später im Halse stecken, wenn die ewig gleichen Gitarren-Riffs auf immer abartigere, peinliche Schüttelreimchen treffen. Hätte ich mir einfach mal die Mühe gemacht, die Worte „ficken“ und „Scheiße“ bei diesem Konzert zu zählen, dann würde die Strichliste auf einem Bierdeckel nicht ausreichen. Also fange ich damit erst gar nicht an und frage mich stattdessen, warum DAS NIVEAU einfach die Grenze zwischen lustig und nervig nicht erkennen will oder kann.
Da sehnt sich so ein alter Sack wie ich plötzlich wieder voller Innbrunst nach einem FRANK ZANDER, der wirklich lustige Texte und dazu passende Musik als wahre Stimmungskracher, aber nicht als Rohrkrepierer kreierte und mit großem Feingefühl intonierte. Ja, ja – das waren noch Zeiten! Und so bleibt mir am Ende nur noch die folgende Erkenntnis:
Ich kann in die Zukunft blicken,
DAS NIVEAU wird weiter ficken
Und wer weiß welch Arschgesicht
Seinen Kommentar erbricht
Und mir sagt: „Du Pimmelkopf,
Subjektiver Jammertropf,
Halte endlich deine Schnauze,
Sonst gibt’s noch was auf die Plautze.“
Kann ich es da wirklich wagen
Dieses FAZIT hier zu sagen?!:
„Selbst wenn ich mir auf die Zunge beiße
Bleibt „Woniniwowa“ am Ende Scheiße!“
PS I: Und als Beweis dafür, dass zwei junge Leute auch richtig lustig sein können und sich Niveau durchaus anders als bei DAS NIVEAU definieren lässt, ende ich diese Kritik mit zwei genauso jungen Herren, die einstmals meine Schüler waren, sich heute aber als „Musik-Kasparett“ bezeichnen und damit tatsächlich auch Erfolg haben. Es geht eben auch anders, wobei ich ganz besonders auf den Schlagzeug spielenden Lenin verweisen will. Das hat wirklich Niveau und ist echt zum Lachen und sogar über das Publikum wird sich lustig gemacht. Darum unbedingt Vorhang auf für <a href=" http://www.youtube.com/watch?v=H9faz1kF72w" rel="nofollow"> ZÄRTLICHKEITEN MIT FREUNDEN</a>
PS II: Bei Live-Reviews vergeben wir keine Punktzahlen. Aber auch bei mir wären ganz ähnliche Werte wie bei den beiden Studio-Alben herausgekommen!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.09.2012
Sören Vogelsang, Martin Spieß
Martin Spieß
Martin Spieß (Mundharmonika), Sören Vogelsang (Kazoo)
Eigenvertrieb
72:52
03.08.2012