Im hübschen Digipack dieses Albums liest man ein Zitat aus dem Gedicht „Nacht“ von Boris Pasternak (Doktor Schiwago), das den Gedankengang des rastlosen, nimmer schlafenden Künstlers in Worte fasst. Dass DAVID KOLLAR zu solchen Zeitgenossen gehört, kann man sich nicht zuletzt nach seinen Soundtrack-Arbeiten gut vorstellen, doch mit diesem PROJECT lautet die Devise: frickliger Jazzrock.
Wahnsinn, dieser Gitarrenton … Der junge Musiker hat längst eine individuelle Sprache auf seinem Instrument gefunden, und seine beiden Nebenmänner konstruieren die passende Syntax, welche im übertragenden Sinn nie nur auf Subjekt, Prädikat und Objekt beschränkt bleibt. Allerdings fehlt gewissermaßen auch keine dieser Komponenten, denn die Tracks der relativ knapp gehaltenen Scheibe zeugen von penibler Komposition, aber nicht ohne Freiräume zum Solieren zu lassen. Das harte „Awaker“ wäre nach dem Intro als Einstieg ein echter Ohrwurm, könnte man seine wahnsinnige Melodie nachpfeifen.
Dazu eignen sich „Periods Are Changing“, „Dream Within A Dream“ oder das sphärische Titelstück (Pat Methenys Soloalben lassen grüßen) eindeutig besser, letzteres zumindest bis zum Einstieg von Markó und Baranyi, deren Gepolter die hochdynamische Produktion am Ende zu einem Überraschungsmoment verhilft. Auf „300 km“ wären Scott Henderson oder Brett Garsed stolz, wobei man „Equation Of Time“ auf keinen Fall unter all die unerheblichen Gitarrenhelden-Scheiben von deren Nacheiferern einordnen sollte, bei denen die Rhythmusgruppe statisch agiert, um dem Star ein Fundament zum Protzen zu bieten, denn KOLLAR lässt seinen Spießgesellen nicht selten den Vortritt.
In „Terrible Day – Cover“ und dem relaxt groovenden „Too Far To Oslo“ – das Stück klingt tatsächlich wie ein Versuch, den Norweger Eivind Aarset mit Allan Holdsworth zu versöhnen – zeigt sich das Trio experimentierfreudig in Sachen Noise (Stichwort Riffs schichten), während „New Beginnings“ eher traditionell dem Fusion-Bereich verhaftet bleibt – doch wie angedeutet: dieser stilistischen Einordnung wird das Projekt gerecht, weil es tatsächlich Rockmusik mit freien Formen kombiniert und hörbar Bock darauf hat.
FAZIT: „Equation Of Time“ fetzt – und wo Jonas Hellborg schon eine seiner rasanten Scheiben „Time Is The Enemy“ nannte … Das DAVID KOLLAR PROJECT ist ein heißer Tipp für Fans der härter ausgerichteten Arbeiten des schwedischen Bassisten.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.10.2012
Gergö Baranyi
David Kollar
Ádám Markó
Hevhetia
44:05
25.03.2011