Zurück

Reviews

Dead On: Dead On (Deluxe Edition)

Stil: Thrash Metal

Cover: Dead On: Dead On (Deluxe Edition)

Der Tribunal-Ableger Divebomb hat sich eine eigene Nische erarbeitet, indem er sich auf vermeintliche Klassiker aus der zweiten bis dritten Reihe konzentriert. Dort sitzen vor allen Dingen ungerechtfertigterweise zu Underdogs verdammte Künstler oder eben solche, die keinen Fuß mehr auf den abfahrenden Zug bekamen. Ein Beispiel dafür sind DEAD ON aus Long Island.

Die Gruppe arbeitete im abflauenden Thrash-Boom zunächst mit Roger Probert (LOUDNESS, FATES WARNING) zusammen, den sie komplett aus der eigenen Brieftasche bezahlte, bevor sie unter der Ägide des EMI-Ablegers SBK (übrigens auch Vanilla Ice …) MEGADETH-Produzent Max Norman hinzuzog. Abgesehen davon, dass „Different Breed“ auf dem „Shocker“-Soundtrack erschien, schlug ihr einziges Album keine allzu hohen Wellen, was mit ein Grund für den Ausstieg von Sänger Raptis gewesen sein mag. Die mit seinem Nachfolger Frazzitta ersonnene EP „All Four You“ ging völlig unter und besiegelte das Ende der Band. Neben ihr findet sich auf dieser Wiederveröffentlichung das bislang unveröffentlichte Cover „Turning Japanese” (THE VAPORS) und die 1987er Demo-Kassette “The Limit”, dazu Videoclips („Full Moon“, „Lost At Sea“ und „Different Breed“) sowie ein dickes, reichhaltig bebildertes Booklet. Die Musik wurde von Jamie King (u.a. BETWEEN THE BURIED AND ME) einer würdevollen Klang-Frischzellenkur unterzogen.

DEAD ON standen für eher rockigen als wütend bissigen Thrash, der selbst im Opener „Salem Girls“ oder während des forschen Zweiers aus „The Matador's Nightmare“ und „Escape“ kontrolliert klingt. Raptis klingt ein wenig wie Mark Osegueda, verfällt aber allzu häufig in Sprechgesang, und mit DEATH ANGEL eint die Gruppe auch die recht freie Deutung ihrer Stilistik, wenngleich der Funk abgesehen vom späteren Fast-Instrumental „Every Day On Earth“ außen vor bleibt. Die Instrumentalpassagen sind zuweilen recht lang („Full Moon“; die Chöre tönen original nach Bay Area Style) und trotz ihrer verspielten Anlage zu ausschweifend. Am nächsten kommen die Musiker MEGADETH, in deren Schatten sie aufgrund der Soundtrack-Beteiligung ungewollt standen, im Highlight „Different Breed“, das schnoddrig daherkommt wie Mustaine zu besten Zeiten.

Die EP hat einen weniger druckvollen Sound und fällt gesanglich noch weniger ansprechend aus, da Frazzitta entweder hysterisch kiekst, nölt oder grummelt. Dabei hätte eine druckvolle Produktion den spannenderen Stücken zur Ehre gereicht, so der Gesang übersehbar gewesen wäre. Letztlich stellte er aber während der gesamten Karriere von DEAD ON ihre Achillesferse dar. „Do What You Want“ orientiert sich an etwas technischeren Thrash-Vertretern und trumpft mit einigermaßen zwingenden Gesangs-Hooks auf, wohingegen das sowohl musikalisch als auch textlich bewusst schräge „Turning Japanese“ komplett durchfällt.

Das Demo zeigt die Combo mit „Medusa“ (zahlreiche unverzerrte Passagen) dem reinen Power metal verhaftet, was sich auch in den Harmony-Gitarren des folgenden „Third Reich“ heraushören lässt. Der Schwachpunkt – ein typischer Fehler junger Bands – besteht im für jeden Song einheitlichen Tempo, der vor allem dem per se guten „No Clue“ die Dynamik nimmt, derweil der Ur-Sänger ein besseres Bild abgibt als auf dem späteren Album.

FAZIT: „Dead On“ ist kein Klassiker, sondern ein Thrash-Kind seiner Zeit und eindeutig schwächer als die Genossen BITTER END beziehungsweise COLD STEEL, deren Stil sich mit DEAD ON vergleichen lässt. Wer die Geschichte des Stils gründlich aufarbeiten möchte, dem sei zu dieser Version des Albums geraten, die wirklich keine Fragen offenlässt.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.11.2012

Tracklist

  1. Salem Girls
  2. Beat A Dead Horse
  3. The Widower
  4. The Matador's Nightmare
  5. Full Moon
  6. Escape
  7. Merry Ship
  8. Different Breed
  9. Dead On
  10. All Four You EP
  11. One For You
  12. Every Day On Earth
  13. Lost At Sea
  14. Do What You Want
  15. Turning Japanese
  16. The Limit (Demo – 1987)
  17. Medusa
  18. Third Reich
  19. Comin’ Back
  20. No Clue

Besetzung

  • Bass

    John Lindner

  • Gesang

    Carl Frazzitta, Mike Raptis

  • Gitarre

    Tony Frazzitta, Michael Caronia

  • Schlagzeug

    Mike Caputo

Sonstiges

  • Label

    Tribunal / Divebomb

  • Spieldauer

    92:20

  • Erscheinungsdatum

    26.10.2012

© Musikreviews.de