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Fontanelle: Vitamin F

Stil: Jazz / Fusion

Cover: Fontanelle: Vitamin F

Rex Ritter und Andy Brown sind die Strippenzieher hinter FONTANELLE, die für ihr viertes Album eine Horde Gäste eingeladen haben: Gitarrist Densley etwa kommt von EAGLE TWIN, Steve Moore von EARTH, und Jef Brown von JACKIE-O MOTHERFUCKER. Erscheint ein so bemanntes Projekt bei Southern Lord, kommt rasch der Verdacht auf, es mit als hip verkaufter Langeweile zu tun zu haben, aber mitnichten: Das Kollektiv mit Sitz in Portland (mal wieder)

„Watermelon Hands“ zweiter Teil forsch mit Gitarren-Noise à la Scott Henderson und manisch geblasenem Saxofon, als stehe Wayne Shorter wieder mit Joe Zawinul auf der Bühne.
„The Adjacent Possible“ und das Titelstück fallen elegant schreitend aus, dann flirrend mit sachten Trommeln hinter dem relaxten Drum-Beat, wohingegen „Traumaturge“ den heimlichen Hit der Scheibe darstellt: Das melodiöse Grundriff ist sehr eingängig und kehrt vor Klarinette sowie knarrendem E-Piano ständig wieder, bevor der Rhythmus einstweilen aussetzt. Morgan – übrigens ein fantastischer Drummer mit Sinn für Dynamik und geschmackvolles Beckenspiel – etabliert nach und nach neue Strukturen, doch statt zum großen Finale anzuheben, lässt das Ensemble leise ausklingen.

In „When The Fire Hits The Forest“ züngeln die Gitarren und Synthesizer tatsächlich wie Flammen, derweil vorm geistigen Auge Rauch aufzieht. Hier brodelt die Stimmung wie auf Miles Davis' „Dark Magus“-Scheibe, doch der Groove, den FONTANELLE hervorkehren, ist vielmehr sexy und lässt an Herbie Hancocks Headhunters denken. Zwischendurch zerfasert das Stück in leises (!) Chaos, bevor expressionistische Tastensolos zu einem stur repetierten Basston das Ende einläuten. Im folgenden „Ataxia“ spielen die Bläser wie selten als ganzer Satz auf, was zu einer Klangverdichtung im Vergleich zum aufgeräumt tönenden Gros der Scheibe führt. Das warm harmonische, gen Himmel strebende Ende verzückt und nimmt den Höhepunkt von „Vitamin F“ vorweg.

„Reassimilated“ ist nämlich über sechs Minuten hinweg recht sachte ausgefallen und stimmt friedfertig, franst aber genauso wenig aus wie die vorigen Stücke der Scheibe. Trotz der Mitglieder-Verwandtschaft zu SUNNO))) muss man keinen schlechten Drone befürchten, sondern darf sich über eines der Jahreshighlights in Sachen Jazzrock freuen.

FAZIT: „Vitamin F“ ist zeitgenössisch und obendrein leicht verdaulicher Jazz mit funky Anmutung und der Schwere des Rock. Es wird Zeit, dass auch Europa die Combo wahrnimmt, die hiermit ganz nebenbei eine der besten Veröffentlichungen ihres Labels einreicht.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.11.2012

Tracklist

  1. Watermelon Hands
  2. The Adjacent Possible
  3. Vitamin F
  4. Traumaturge
  5. When The Fire Hits The Forest
  6. Ataxia
  7. Reassimilated

Besetzung

  • Bass

    Andy Brown, Rex Ritter

  • Gitarre

    Gentry Densley, Rex Ritter

  • Keys

    Andy Brown, Paul Dickow, Brian Foote

  • Schlagzeug

    Mat Morgan

  • Sonstiges

    Andy Brown (Klarinette), Jef Brown (Saxofon), Dave Carter (Trompete), Paul Dickow (Vibrafon), Steve Moore (Posaune), Hans Teuber (Klarinette, Trompete, Saxofon), Skerik (Saxofon), Borg Norum (Percussion, Gong)

Sonstiges

  • Label

    Southern Lord

  • Spieldauer

    43:08

  • Erscheinungsdatum

    16.11.2012

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