Nein, liebe Promo-Firma, natürlich will ich mich nicht beschweren und freue mich wirklich, dass ihr mir diese CD geschickt habt. Aber wie soll ich diese nur mit der nötigen Objektivität besprechen, wenn ich weiß, dass das enthaltene Konzert parallel auch auf DVD und Blu-ray erschienen ist? Dann will ich natürlich auch sehen, wie GARY MOORE voller Hingabe Hendrix-Klassiker wie "Purple Haze", "Foxy Lady" oder "Hey Joe" auf seiner Gitarre zelebriert. Und dabei seine teils groteske Mimik, die wir ja leider nie wieder live erleben dürfen, bei den unzähligen hier zu hörenden Soli bewundern.
Aber genug gejammert und weg mit dem Neid, denn auch in der reinen Audioversion nimmt einen dieser Live-Mitschnitt, aufgenommen am 25. Oktober 2007 im Londoner Hippodrome, schnell gefangen. Der vor einem Jahr gestorbene Hardrock- und Blues-Gitarrist aus Irland erweist seinem amerikanischen Idol über 70 Minuten den Tribut, der ihm gebührt, und macht ihm dabei zugleich Konkurrenz in Sachen Einzigartigkeit. Mit seiner nicht außergewöhnlich guten, aber um so unverkennbaren Stimme und natürlich viel mehr noch mit seinem leidenschaftlichen Gitarrenspiel präsentiert er die Songs sehr eng am Original und so kommt man auf dieser CD (mit nicht gerade perfektem, aber dafür authentischem Sound) noch mal in den Genuss einer jüngeren Performance von Moore, bei der sich seine große (zweite) Liebe, der Blues, mit ungezügeltem, verzerrtem Rock verbindet. Solche Gelegenheiten gab es ja selten in den letzten beiden Dekaden seiner abrupt beendeten Karriere.
Jedem Gitarrenliebhaber dürfte das Herz aufgehen, wenn sich GARY MOORE begleitet von seiner überschaubaren Band, bestehend aus Bassist Dave Bronze (ERIC CLAPTON, DR. FEELGOOD u.v.a.) und seinem langjährigen Schlagzeuger Darrin Mooney (u.a. auch PRIMAL SCREAM), in Songs wie das gefühlvolle "The Wind Cries Mary", "I Don't Live Today" oder den schnellen Rock 'N' Roller "Fire" hineinsteigert. Und je später der Abend desto ausschweifender und intensiver nicht nur die Instrumentierung, sondern desto besonders auch die Gäste. Bei drei Songs wird Gary Moore von zwei ehemaligen Wegbegleitern von Jimi Hendrix unterstützt, nämlich von dem mittlerweile ebenfalls verstorbenen Drummer Mitch Mitchell von der JIMI HENDRIX EXPERIENCE und von Bassist Billy Cox von der BAND OF GYPSYS. Das fast zwölfminütige "Red House" erweist sich dabei als der große Blues des Abends, bei "Stone Free" übernimmt Billy Cox den Gesang und der wohl größte Hendrix-Hit "Hey Joe" wird ebenfalls sehr ausführlich dargeboten. Nach der Verabschiedung der beiden alten Haudegen beendet Mr. Moore mit "Voodoo Child (Slight Return)", bei dem er noch mal alles aus seiner Stratocaster rausholt, dieses einmalige Event (von dem man uns hoffentlich nicht aufgrund der begrenzten Speicherkapazität dieses Silberlings irgendetwas vorenthalten hat).
FAZIT: Gleichzeitige Erinnerung an zwei der besten Gitarristen, die unseren Planeten je betreten haben. Eine Freude für Hendrix-Fans, ein Fest für GARY MOORE-Fans. Und mit Bild ganz sicher noch beeindruckender.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.09.2012
Dave Bronze, Billy Cox
Gary Moore, Billy Cox
Gary Moore
Darrin Mooney, Mitch Mitchell
Eagle Records
73:28
21.09.2012