Als Steve Vai um die Jahrtausendwende das Label Favored Nations forcierte, durfte sich auch GREG KOCH im Schatten des Meister-Klampfers sonnen. Heuer backt der Amerikaner beim Blues-Discounter Grooveyard kleinere Brötchen, hat aber nichts an spielerischer Qualität eingebüßt.
„Strat's Got Your Tongue“ ist wieder einmal ein Instrumental-Album, das nur am Rand der Baumwollfelder entlanggeht. Schon „Foolish Mortals“ besticht vor allem durch seine düster atmosphärischen Passagen und den Slap-Bass. KOCH lässt sich neun Minuten Zeit und überschreitet gänzlich ungezwungen Stilgrenzen, ohne sich am Ende eines ziellosen Parforce-Ritts bezichtigen lassen zu müssen. Hinterher muten der leichte Funker „2.65“, der fröhlich jazzige Shuffle „The Damn Thing“ und der Slow Blues „Miramanee“ kompositorisch unspektakulärer an, aber Orgel und klare Motivzeichnung gefallen auch hier.
Was KOCHs neustes Opus übers Gros der Szene hebt, sind einerseits die virtuosen Qualitäten des Barden (das Chicken-Picking von „Spank It“ dürfte alle in ihre Schranken verweisen, die mit Hendrix-Stirnband und Schlaghose langweilen) und andererseits die fabelhafte Produktion. Der Gitarrist hat gemeinsam mit Dave Nietzke für einen zugleich druckvollen und facettenreichen Klang gesorgt, wo allzu traditionelle Trantüten bestenfalls ein Wah-Wah-Pedal kennen.
Weitere Farben: „Shakedown“ mit Honky-Tonk-Klavier und der schummrige Soundtrack „Sure Betts“. Dagegen stinken Stevie Wonders „Cause We’ve Ended As Lovers“ und das etwas orientierungslose Live-Schnipsel „Absinthe“ ab.
FAZIT: GREG KOCH ist ein überdurchschnittlicher Gitarrist, der Genregrenzen zu sprengen weiß und mit „Strat's Got Your Tongue“ ein wirklich kurzweiliges Album ohne Gesang veröffentlicht. Die knapp 50 Minuten vergehen im Flug, lassen Ohren schlackern und öffnen dank eines ausgezeichneten Tons sowie emotionaler Spielweise Herzen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.05.2012
Kevin Mushel
Greg Koch
T. Lavitz
Gary Koehler
Grooveyard
47:58
04.05.2012