Man hat manchmal den Eindruck, als sei Mittelalter-Rock bzw. -Metal ein Genre, in dem die Anhänger ziemlich kritiklos alles abfeiern. Hauptsache der Sack dudelt, die Tröte trötet, der Sänger erzählt seine Geschichten, es wird ein bisschen gerockt und ansonsten tut der Met sein Übriges. Diese Tatsache könnte HARPYIE zugutekommen, denn was die Band auf ihrem Debütalbum "Blindflug" erklingen lässt, bietet jede Menge Anlass zur Kritik.
Von wunderbar gesäuselten Worten singt Aello die Windboe in "Hundertdreyssig", einem Song über den Rattenfänger von Hameln. Was für den um seinen Lohn betrogenen Kammerjäger der Sage ja durchaus gelten mag, findet seinen Widerhall leider nicht bei dem Sänger. Quäkend und plärrend bringt er seine leicht schiefen Gesangslinien, die keinerlei Wiedererkennungswert haben, dar und nervt bereits nach zwei Songs. Man hat den Eindruck, als sei er nur deshalb der Sänger der Band, weil man niemanden fand, der es besser machen würde. Seine Mitmusikanten hinterlassen indes auch keinen positiveren Eindruck. Discount-Metal mit Schrapp-schrapp-Riffs von der Stange und unsauberem Anfängergetrommel ist die langweilige Basis, während die Flöten, Tröten und Geigen aufzeigen, wie erschreckend blutleer das Songwriting von HARPYIE ist. Das Ganze mit einem nicht sehr ausgewogenen und zudem schlecht produzierten Sound, bei dem die Mittelalter-Instrumente zu weit im Vordergrund stehen.
So hölzern HARPYIE sich musikalisch präsentieren, agieren sie auch textlich. Da werden auf Teufel komm raus die Worte in die Gesangslinien gepresst, so dass sich kein harmonisches Zusammenspiel von Texten und Musik ergibt. Was angesichts der belanglosen und teilweise Fremdscham erregenden Lyrik jedoch auch nicht weiter verwundert. Letztlich gibt es keinen einzigen Song auf "Blindflug", dem man guten Gewissens attestieren kann, wirklich gelungen zu sein.
FAZIT: Der Albumtitel ist Programm, denn "Blindflug" ist in musikalischer Hinsicht wirklich nur ein Blindflug. Hier haben Trollzorn eine Band unter Vertrag genommen, die an ihrer Darbietung noch jede Menge zu feilen hat.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.06.2012
Gyronimus der Basstard
Aello die Windboe
Garik Sturmbringer, Podargo der Schnellfliegende
Ocypus der Schnellfüßige
Machthild Hexengeige (Geige), Garik Sturmbringer (Sackpfeifen, Flöten), Michael von Ullrichstein (Sackpfeifen)
Trollzorn / Soulfood
40:56
01.06.2012